Größenproblematik

Aus Nuevalandia
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  • Wo immer etwas fehlerhaft ist, ist es zu groß geworden!
  • Durch die "Über-Größe" werden andere (z.B. Mensch oder Natur) geschädigt und somit gegen das Gesetz des eingeschränkten Wettbewerbes verstoßen.
  • Der berühmte Arzt und Wunderheiler Paracelsus erkannte schon: "Alles ist Gift, nur die Dosis ist entscheidend ob es heilend wirkt!"

Beispiele von Übergröße

Was hier mit dem Begriff "Übergröße" gemeint ist, wird anhand folgender tabellarischer Gegenüberstellung verdeutlicht:

Angemessene Größe: flexibel, vielfältig, redundant, demokratisch Übergroß: starr, einfältig, abhängig, undemokratisch
Medikamente empfohlene Dosierung Überdosis: Ab einer bestimmten Mengengrenze wird jedes Medikament zu Gift
Trinkwasser 2 Liter pro Tag Nach dem Trinken von 10l Wasser wird das Blut so verdünnt, daß Schädigungen auftreten. Wer weiter trinkt stirbt.
Heuschrecken Einzelne Heuschrecken auf der Wiese Heuschreckenschwärme sind eine Plage und vernichten ganze Ernten.
Autos Eine Handvoll Autos, die pro Tag durchs Dorf rollen, sind sicher unproblematisch. Im Gegenteil, kommt etwas Leben ins Dorf. Wenn Fußgänger 10min an der viel befahrenen Straße stehen, bis sie mal eine Lücke finden, ist dies sicher "zu groß". Oder wenn Radfahrer nach 10min Fahrt wütend werden, da in dieser Zeit an die 100 Autos mit 40cm Sicherheitsabstand vorbeigerauscht sind, ist dies sicher genauso zu viele - zu groß.
Technik Drohnen[1] Großbomber[1]
Party lockere Party mit verschiedenen Gesprächskreisen Party mit einem Alleinunterhalter
Wald Mischwald Monokultur
Schulung/Workshop bei großer Teilnehmerzahl Open Space, World Cafe Frontalunterricht
Nationen kleine und mittlere Nationen (z.B. Lichtenstein, Belgien, Honduras...) Zu groß geratene Nationen, welche keine Gegenmacht haben, schnappen über und wollen die "Weltherrschaft". Wenn es weltweit noch andere größere Gegenmächte gibt, wird die Macht aber trotzdem schon gern regional gegenüber "kleinen" Staaten genutzt (z.B. Irak gegen Kuweit, USA gegen Irak, Rußland gegen Tschechenien, China gegen Taiwan oder Tibet usw.). Demokraten und Friedvolle werden in einer übergroßen Machtposition leicht zu Tyrannen oder Kriegshetzern.
Demokratie Eine Demokratie in kleinen Nationen ist demokratischer. Alle großen Staaten haben keine wirkliche Demokratie, auch wenn dies in der Verfassung steht. Hier handelt es sich lediglich um eine Parteien- oder Präsidentendemokratie. Der einzelne hat hier außer bei der Wahl der Regierung aller 4 Jahre praktisch kein Mitspracherecht. Allerdings könnte mit dem Werkzeug Liquid Democracy auch in großen Demokratien eine wahre Demokratie gewährleistet werden.
Wachstum moderates, natürliches Wachstum (degressiv) Exponentielles / übermäßiges Wachstum führt zum Kollaps des Systems, z.B.:
  • Krebs bei übermäßigem Zellwachstum -> Krebs stirbt am Ende mit seinem Wirt
  • Sternexplosion (=Supernova) bei zu schnell wachsenden Sternen
  • Wirtschaftskrisen durch überkritisches Wachstum (s.Wirtschaftswachstum)
  • Finanzkrisen und Geldentwertung durch exponentiell wachsende Geldmenge (s.Altland-Geldsystem)
  • Größer werdende Ungleichheit (Schere Arm-Reich) bis zu Krieg und Terror aufgrund exponentiell wachsender leistungsloser Einkommen (s.Aneignung von Lebensgrundlagen)
Unternehmensstruktur großer Konzerne eigenständige Profitcenter oder sehr freie Franchisesysteme abhängiges Filialsystem von der Zentrale oder restriktive Franchisesysteme
Ablauforganisation im Unternehmen Prozessorganisation (horizontaler, ganzheitlicher Blick) Traditionelle vertikale Hierarchien mit engem "Abteilungsdenken".
Wirtschaftseinheiten Kleinere (bzw. "angemessene") Profit-Center oder Institutionen haben die bessere Umsatzrentabilität und sind kreativer. Beispiele:
  • Kleine Betriebe und Mittelständler sind kreativer und innovativer.
  • Alle im Haushalt genutzten Geräte (Waschmaschine, E-Herd, Trockner, Radio, Bügeleisen, Lampe, Staubsauger...) wurden von kleinen, innovativen Betrieben oder Einzelpersonen erfunden.
  • In Effizienz, Kosten und Qualität schlagen im Deutschlandvergleich kleinere Niederlassungen (z.B. von Mercedes-Benz) die größeren
  • In Effizienz, Kosten und Qualität schlagen im Deutschlandvergleich kleinere kommunale Betriebe (z.B. im Wasser-/Abwasserbereich) die größeren.
Große Profit-Center haben eine schlechtere Umsatzrentabilität als kleine. Beispiele:
  • Die großen Mercedes-Benz-Niederlassungen haben im Vergleich eine schlechtere Umsatzrendite als die kleineren.
  • Die großen Städtischen Versorger (z.B. Wasser/Abwasser) sind teurer als diejenigen kleinerer Gemeinden.
  • Große Konzerne sind kaum kreativ und innovativ.
  • Siemens verkauft zwar die meisten Haushaltsgeräte, hat aber keines davon erfunden. Großkonzerne steigen ein, kaufen auf und absorbieren meist nur. Mehr dazu: strukturelle Ineffizienz
Investor Finanzierung durch Eigenkapital oder lokalen Investor, der das Unternehmen kennt. Durch die "physische Nähe" wird eine gewisse Verantwortlichkeit gewährleistet. "Weit entfernter" Finanzinvestor (z.B. Hedgefonds). Durch die weite Entfernung fehlt eine Bindung zum Unternehmen und damit Verantwortlichkeit. U.a. auch dadurch, da das investierte Geld nicht den Entscheidern der Investition gehört, sondern sie es lediglich verwalten.

Anhand der obigen Tabelle kann man erkennen, dass das Prinzip der kleinen, zur Vernetzung tauglichen Einheiten dem der Großen in fast allen Bereichen (Physik, Technologie, Politik, Kultur, Wirtschaft...) in Qualität und Überlebensfähigkeit überlegen ist. Das "Große" hat nur einen Vorteil bei starrem, unverändertem Umfeld.

Außerdem wird aus den Beispielen deutlich, dass "Größe" nicht automatisch eine materielle Eigenschaft sein muss. "Übergroß" kann auch die Bedeutung von "zu weit weg" haben. Bei einem "zu weit weg" nimmt der Einfluß ab sowie die Fehler und Unverantwortlichkeit zu. Beispiele dazu aus verschiedenen Bereichen:

  • Politik: Eine Zentralregierung (z.B. in Madrid) ist meist "zu weit weg" vom Baskenland und findet somit kaum optimale Lösungen für dortige Probleme. Ein Bürgermeister vor Ort, der die Leute vor Ort kennt und mit ihnen intensiv kommuniziert, findet vermutlich optimalere Lösungen.
  • Wirtschaft: Aktionäre oder Finanzinvestoren sind meist "zu weit weg" um tatsächliches Interesse am Unternehmen zu haben. Ein Einzelunternehmer, welcher noch dazu mit seinem Privatvermögen haftet geht viel verantwortlicher mit seinem Unternehmen um und legt vor allem auf ein langfristiges funktionieren wert. Außerdem hat er direkten Kontakt zu seinen Angestellten und kennt deren Probleme. Er kündigt nicht so leicht wie ein Großunternehmer, dem der Kontakt fehlt bzw. von dem es der Börsenwert (Aktionäre) fordert.
  • Gesellschaft: Eine Ehe weit weg auf Entfernung verleitet eher zur Untreue als ein gemeinsames Heim
  • Natur: Newtons Gravitationsgesetz: Die Anziehungskraft vermindert sich zum Quadrat des Abstandes.

Einfluß der Größenstruktur auf Orga-Systeme

Stabiles vs. mobiles Gleichgewicht

Stabiles Gleichgewicht (=riskantes Altland-Gleichgewicht =übergroß):

  • besteht aus einer kleinen Anzahl großer Einheiten
  • benötigt ständig eine bewußt regulierende Autorität
  • kommt in der Natur nicht vor

Mobiles Gleichgewicht (=zukunftsfähiges Neuland-Gleichgewicht):

  • besteht aus einer großen Anzahl kleiner, beweglicher Einheiten
  • ist selbstregulierend, lebend, atmend und verändernd (s. auch chaordische Organisation)
  • Nur aufgrund dieser Selbstregulierung hat die Natur bis heute überlebt.
  • Falls wir es heute endlich doch schaffen sollten das über Jahrmillionen erfolgreiche Modell der Natur zu zerstören, bedeutet dies nicht, daß unsere Macht-Systeme besser sind. Da wir bei erfolgreicher Vernichtung der Natur selbst nicht überleben können (analog der Krebs mit seinem Wirt stirbt).

Kleinheit als Grundbaustein des Universums

  • Die Atome und Grundbausteine des Universums sind ein Zusammenspiel von vielen kleinen Einheiten. Das Universum ist vielfältig und komplex. Anstatt kleiner endlicher rießiger Massen gibt es eine unendliche Anzahl kleiner Einheiten und diese halten sich selbst (selbstorganisiert) im Gleichgewicht.
  • Die Kleinheit ist kein Zufall, sondern Grundvoraussetzung von Leben und Überleben! Dadurch wird alles vielfältig, beweglich und flexibel.
  • Diese Bauweise setzt sich auch bei größeren Einheiten (Sternen und Galaxien) fort. Es ist wie ein gemeinsamer Tanz und alles ist im Fluß und organisisert sich selbst.
  • Das Gegenstück wäre ein starres, einfältiges Universum mit z.B. nur 1 riesigen Stern und wenigen Planeten. Große Atome würden ständig Explosionen hervorrufen.
  • Auch das Leben (Zellen, Pflanzen, Tiere, Mensch...) basiert auf diesem Konzept der "Kleinheit".

Übergröße in vom Mensch geschaffenen Orga-Systemen

Die Problematik des "zu groß" findet sich auch in unseren Strukturen und Systemen wieder:

  • Bei dem Wachstum einer Organisation wachsen die Skaleneffekte (Synergien) nur degressiv. Die Risiken durch die Übergröße wachsen dagegen exponentiell. -> Langfristig ist die Organisation nur mit der richtigen Grösse überlebensfähig.
  • Die Risiken sind allerdings "weiche Faktoren" und damit schwer in Zahlen auszudrücken oder von einem Einzelnen nicht absehbar (Ursachen für Fehlentscheidungen werden oft erst nachher nachvollziehbar). Die Synergieeffekt bei Wachstum sind dagegen eindeutig in Zahlen zu fassen (z.B. Personaleinsparung bei Zusammenlegung). -> Ein Controller (und auch die meisten "analytischen" Manager) wird demnach meist immer für weiteres Wachstum sein.
  • Unterstützt wird dies durch fehlende Verantwortung der Entscheidungsträger: Ein Vorstandsvorsitzender eines Großkonzerns ist "nur" Angesteller (Inhaber der Firma sind die Aktionäre) und muß nicht persönlich für Fehlentscheidungen haften. Im Extremfall darf er sich einen anderen Job suchen. Das gleiche gilt für unsere Minister in der Politik. Selbst die Pension wird bei gravierenden Fehlentscheidungen nicht gekürzt.
  • In diesen Fällen ist es bequem nach den "nackten Zahlen" zu entscheiden. Im Zweifel (Schadensfall) kann man die Verantwortung dann dorthin abwälzen.

Wenn ein System "zu groß" wird, muß vor allem vermehrt mit der Schädigung durch Machtmißbrauch und Ineffizienz gerechnet werden:

Machtmißbrauch

Schädigungen durch Machtmißbrauch gehen nicht zu Lasten der eigenen (zu großen) Organisation, sondern anderer Betroffener im Einflußbereich der Organisation bzw. zu Lasten der Umwelt:

  • Zu große Strukturen mit zentralen Machtpositionen bieten immer die Möglichkeit diese Macht auszunutzen (eigene Vorteile zu Lasten anderer durchsetzen).
  • Es ist meist nur eine Frage der Zeit, wann dies passiert.
  • Weitere Erklärungen hierzu sowie praktische Beispiele: Strukturelle Verantwortungslosigkeit

Ineffizenz

Schädigungen durch Ineffizienz gehen zu Lasten der eigenen (zu großen) Organisation. Nach dem Wachstum über die optimale Größe hinaus, geht die Energie in:

  • persönliche und politische Ausschweifungen
  • unnötige Spekulationen und riskante Geschäfte
  • sinnlose Sicherheitsgürtel und Kontrolle
  • Proporz und Bürokratie.

Warum?

  • In zu großen, zentral oder hierarchisch organisierten Strukturen werden Entscheidungen (vor allem wichtige) nicht von den Betroffenen getroffen, sondern aus dem "Elfenbeinturm".
  • Diese Entscheidungen sind dann "zu weit weg" von der Realität bzw. werden von einzelnen Managern oder Ministern getroffen, welche den Sachverhalt nicht komplett überblicken können. Heutzutage kann selbst das geballte Know-How eines Konzern-Vorstandes die Komplexität großer Entscheidungen (z.B. Unternehmenszusammenschlüsse) nur zum Bruchteil abschätzen.
  • Diese Fehlentscheidungen verursachen unnötigen Aufwand und Kosten und können bis zum Zusammenbruch des eigenen Systems führen (Unternehmenskonkurs, Staatsbankrott...)
  • Weitere Erklärungen hierzu sowie praktische Beispiele: Strukturelle Ineffizienz

Übergröße in der Politik

Machtmissbrauch durch Übergröße

In der Geschichte und auch aktuell gibt es immer wieder Beispiele zum Machtmißbrauch zu groß geratener Staaten:

Deutscher Bund

  • Der Deutsche Bund hatte nur 50 Jahre bestand (1816-66).
  • Grund war hier ein Ungleichgewicht der Machtverhältnisse
  • Die Staaten Preußen und Österreich waren "übergroße" Schwergewichte mit entsprechend bedeutend mehr Macht als die anderen Staaten im Bund.
  • Preußen und Österreich wollten jeweils die Oberhand (Macht) über den Deutschen Bund übernehmen. Preußen setzte sich durch und Österreich wurde aus dem Bund ausgeschlossen.
  • Nach dem Ausschluss Österreichs nutzte Preußen seine nun alleinige Machtstellung gegenüber den anderen kleinen Statten. -> Der Bund zerbrach und löste sich auf.

UNO

  • In den Vereinten Nationen herrscht aufgrund der Besetzung des Sicherheitsrates (höchstes Machtinstrument), in welchem die meisten Staaten gar nicht vertreten sind, ein Machtungleichgewicht.
  • Außerdem können die Veto-Mächte jede Entscheidung Blockierung und haben damit eine übergroße Machtstellung gegenüber den anderen.
  • Damit wird die UNO praktisch zum handlungsunfähigen Papiertieger.

China

  • China ist inzwischen nicht nur das Land mit den meisten Einwohnern und Exportweltmeister, sondern schickt sich an auch militärisch und wirtschaftlich ganz vorn zu sein.
  • Auf die weiteren gravierenden Menschenrechtsverletzungen wird vom Westen bereits immer kleinlauter hingewiesen, geschweige denn ernsthaft darüber mit China gesprochen. Jeder will schließlich mit der aufstrebenden Nation im Geschäft bleiben. Auch das gelegentliche Säbelrasseln gegenüber dem abtrünnigen Taiwan wird übersehen.
  • Wenn China seine Binnekonjunktur auf die Beine bekommen hat (damit weniger exportabhängig ist), die Technologie- und Militärführerschaft erreicht, ist es sicher nur noch eine Frage der Zeit bis ein Diktator (China ist immer noch eine Diktatur!) überschnappt und Kriege anzettelt.

Weitere Beispiele und Erklärungen zu diesem Aspekt sowie der Lösungsansatz: Peer-Management in der Politik

Ineffizienz durch Übergröße

Aktuelle Politik

  • Im Schwarzbuch der Steuerzahler kann jedes Jahr aufs neue die Verschwendung durch Ineffizienz der staatlichen Verwaltung nachgelesen werden.
  • Auch sonst kann jeder Bürger sicher ein Lied der Ineffizienz der staatlichen Bürokratie singen. Siehe hierzu auch: strukturelle Ineffizienz

Historische Großreiche

  • Alle "Großreiche", wie z.B. das alte Ägypten, Alexander der große, Rom, Inkas, Nazi-Deutschland usw. sind aufgrund der Probleme und Ineffizienz (z.B. nicht genug Nahrung für die wachsende Bevölkerung, nicht genug loyale Gefolgsleute und Soldaten...) welche die zugenommene Größe aufgeworfen hat wieder eingegangen.

Übergröße bei Wirtschaftsunternehmen

Optimale Größe von Wirtschaftsunternehmen

Wann ist ein Unternehmen zu klein, optimal oder zu groß?

  • Synergieen: Zusätzliche Synergieeffekte nehmen mit zunehmender Größe degressiv ab (Grenznutzen).
  • Risiken: Risiken aufgrund von Fehlentscheidungen, Intransparenz, Schnittstellenproblemen und fehlender Übersichtlichkeit nehmen dagegen mit zunehmender Größe exponentiell zu.
  • Die optimale Größe ist im Bereich des höchsten Grenznutzens. Hier werden nachhaltig in einer gesunden Wirtschaft Gewinne erzielt und Bedürfnisse der Bevölkerung befriedigt.
  • Übergroß wird ein Unternehmen, wenn es über den Schnittpunkt von Synergien und Risiken hinauswächst.
  • Zu klein kann ein Unternehmen sein, wenn es mögliche Basis-Synergieeffekte nicht nutzen kann. Beispielsweise wäre ein Friseur mit nur 1 Kunden pro Tag schnell pleite, da die Miete für das Lokal nicht "optimal" genutzt würde.

Auswirkungen "zu kleiner" Unternehmen

  • Ein Unternehmen kann zu klein sein und dadurch weniger überlebensfähig. Wenn es nicht auf die optimale Größe wächst und Insolvenz geht, stellt dies aber kein größeres Problem dar, da das Umfeld nicht beeinflusst wird.

Auswirkungen "zu großer" Unternehmen

  • Wenn ein Unternehmen mittels traditioneller Altland-Organisation über den Grenznutzen hinaus wächst, dann ist es "übergroß" geworden und weniger überlebensfähig. Es wird problematisch für sich selbst (s.Strukturelle Ineffizienz) aber auch für das Umfeld wenn es eine Größe erreicht hat um z.B. eine Stadt, Bank, Zulieferer oder die Umwelt signifikant zu beeinflussen.
  • Beispiele hierzu liefert die Wirtschaft ständig (Rover-kauf durch BMW, Chrysler+Mitsubishi durch Daimler, Enron, Lieferprobleme bei Airbus, Banken etc., siehe dazu: Beispiele struktureller Ineffizienz)
  • Die Anreize "zu groß" zu werden (s.unten) stellen zwar einen Vorteil für das entsprechende Unternehmen dar, aber sind kontraproduktiv zum eigentlichen Auftrag der Wirtschaft (optimale Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen).
  • Außerdem sind sie sogar volkswirtschaftlich oft negativ (s.u.)

Anreiz für Übergröße und Monopole

Obwohl sich

  • immer wieder Unternehmen die Finger an zu großen Projekten verbrennen
  • und es auch gesellschaftlich und volkswirtschaftlich (wer kommt für die Schäden auf?, s.u.) wenig Sinn macht immer größere Wirtschaftssubjekte zu erzeugen,

streben trotzdem fast alle nach Größe und Zusammenschlüssen.


Betriebswirtschaftliche Vorteile

Unternehmer denken (zu recht) nicht volkswirtschaftlich, sondern betriebswirtschaftlich. Auch wenn es für die Gesellschaft und die Volkswirtschaft mehr Schaden als Nutzen bringt, macht es aufgrund folgender Aspekte betriebswirtschaftlich Sinn:

  • Wer ein Monopol hat, kann die Preise nach Wunsch festlegen, braucht sich kaum um Service, Effizienzen und Qualität zu kümmern. Die Kunden haben ja keine andere Wahl.
  • Durch Marktmacht besserer Kampf gegen Konkurrenz (Preiskampf, aufkaufen etc.)
  • Besserer Lobbyismus in Politik (Der Steueranteil ist seit den 70er Jahren für Arbeitnehmer+Mittelstand von 16 auf 35% gestiegen, für Großkonzerne unter 20% gesunken)
  • Bis hin zu „Erpressung“ von Staatssubventionen in Krisen, da „zu viele Arbeitsplätze“ gefährdet sind (Gewinne bleiben privat, Risiken werden nationalisiert).
  • Besserer Einfluß auf Verbrauchern durch günstigere Werbekampagnen (pro Stück)
  • Schaffung von Abhängigkeiten der Lieferanten (teilw. Automobilzulieferer etc.)
  • Wachstum zu Schaffung von Oligopolen/Monopole. Diese erhöhen ihren Gewinn kaum durch bessere/neue Produkte, sondern durch Preiserhöhungen aufgrund fehlender Konkurrenz.
  • Innovationen, vermehrte Forschung und Entwicklung passiert auch nicht durch Großkonzerne. Keines der gebräuchlichen Haushaltgeräte (Waschmaschine, Geschirrspüler, Mixer etc.) wurde von einem Großkonzern erfunden. Mittels Aufkauf von Patenten oder kleiner Wettbewerber werden oft für die eigenen Produkte "gefährliche" Innovationen aufgekauft und vom Markt ferngehalten.
  • In manchen Fällen werden Unternehmen auch aufgrund aggressiver Konkurrenz zum Wachstum bzw. Zusammenschlüssen gezwungen (Übernahmekämpfe an Börse etc.)

-> Alle diese betriebswirtschaftlichen Vorteile sind volkswirtschaftlich und gesellschaftlich schädlich und überwiegen evtl. nützliche Effekte.

  • Daß nur große Konzerne als global Player international gute Geschäfte machen können stimmt inzwischen auch nicht mehr. Durch die modernen Kommunikationstechniken und das Web 2.0 kann heutzutage auch genauso ein projektbezogener Firmenverbund in Kooperation große Auslandsprojekte stemmen. Die Struktur ist dann trotzdem noch "kleinteilig" und damit kommt man nicht in die Problematik der Übergröße.

Skaleneffekte als volkswirtschaftlicher Verlust

Die Synergien stellen meist einen einseitigen Gewinn für das produzierte Unternehmen auf Kosten der vielfachen Schädigung der Gesellschaft dar:

  • Diese Skaleneffekte werden z.B. in der Landwirtschaft nur durch eine Auslagerung der Kosten erreicht. Stichwort dazu: Skaleneffekt aufgrund von Monokultur-Forstfläche gehen zu Lasten der Vielfalt eines Mischwaldes. Weitere Beispiele: Externalisierung von Umweltkosten.
  • Auch in der Technik (z.B. Automobilbau), bedeuten Skaleneffekte durch Produktionsausweitung eine "Monokulturisierung". In einem Seat, Skoda, VW und Audi steckt nahezu die gleiche Technik, Bauteile bzw. Plattformen. Damit geht Variantenreichtum verloren. Genauso sieht es bei verwendeten Technologien aus.
  • Die "Economies of scale" (oder "Skaleneffekte" oder "Synergien") basieren immer durch Kostenvorteile aufgrund von Massenproduktion (verstärkt durch größere Marktmacht: s.o. "betriebswirtschaftliche Vorteile").
  • Dadurch geht zum einen die Vielfalt zugunsten der Einheitsproduktion verloren. Ein gutes Beispiel ist hier die industrielle Landwirtschaft: Durch die Massenproduktion ist seit Beginn des 20. Jahrhunderts bereits 75% der genetischen Vielfalt bei landwirtschaftlichen Nutzpflanzen verloren gegangen. Traditionelle Sorten werden dabei durch moderne, kommerzielle und uniforme Sorten verdrängt. Damit hat die Landwirtschaft einen großen Teil der Zerstörung ihrer wichtigsten Grundlage verursacht. Die Vielfalt ist wichtig, da sich darunter immer wieder Sorten mit besonderen Eigenschaften (z.B. Resistenzen gegen Trockenheiten, Schädlinge, hohe Salzkonzentrationen im Boden...) finden.
  • Zum Anderen basieren die Kostenvorteile von Massenproduktion (gegenüber kleinerer, nachhaltiger Produktion) auf dem Verbrauch und Zerstörung von Ressourcen. Diese Kosten der Zerstörung trägt allerdings nicht das Unternehmen, sondern die Gesellschaft (s.Externalisierung von Umweltkosten).

Übergröße bei Wirtschaftssystemen

Das Problem der Wirtschaft ist nicht der Kapitalismus oder der Sozialismus. Beide Systeme werden durch Übergröße zum Problem:

  • Im Sozialismus ist der Staat die alles regulierende, zentrale Macht (übergroß)
  • Im Kapitalismus sind die Hauptschädlinge genauso zu große Organisationen wie Monopole oder unübersichtlich große Einheiten welche ihre Interessen durchsetzen können und den Fortschritt behindern. Das Aufkaufen (und vom Markt fernhalten) fortschrittlicher Patente, Lobbyismus, unlauterer Wettbewerb usw. wird meist von "Großen" betrieben. Auch die Grundlage des Kapitalismus der leistungslosen Einkommen durch private Aneignung von Lebensgrundlagen anderer schaffen eine exponentiell wachsende Ungleichheit (=übergroßes Wachstum, s.u.) und fallt damit auch wieder unter "Übergröße".

Freier Markt als Regulator

  • Ein funktionierender freier Markt wirkt sich als regulierendes Mittel des Wettbewerbes aus. Zu große Unternehmen werden dann durch die exponentiell wachsende Ineffizienz (bzw. schlechter Produkte aufgrund fehlender Kreativität & Innovation) weniger wettbewerbsfähig und schrumpfen wieder.
  • Im optimalen Fall bleibt somit auch die Macht auf Größenordnungen beschränkt, in denen keine großen Schäden angerichtet werden können.
  • Dort wo allerings Gelegenheit ist ungeschoren davonzukommen, wird auf Kosten Anderer gelebt. Dies zeigt sich an Monopolen (s.Rohstoffmonopole, Großtechnologie-Monopole und Infrastrukturmonopole).
  • Hier setzt die "Selbstregulation" des freien Marktes aus. Die Macht wird dann auch genutzt um potentielle Wettbewerber (bessere) gezielt auszuschalten (oder einfach aufzukaufen).
  • Monopole haben die Macht aufgrund ihrer Größe sich schlecht zu benehmen und sie tun es auch prompt! ...Zumindest, bis sie von einer größeren Macht (z.B. Regierung oder organisierte Konsumenten) in Schach gehalten werden.

Übergroßes Wirtschafstwachstum & Streß

Die ökonomische Ausweitung in großem Stil hat uns keinen wirklichen Frotschritt, sondern einen Abfall des Lebensstandarts verursacht:

  • Viele neue Güter geben uns weniger Befriedigung als wenige alte.
  • Früher hat sich das Laufrad langsam bewegt und man konnte ruhig voranschreiten. Heute läuft es unvergleichlich schneller und man hat nur noch Zeit zum reagieren. Die Menschen können heute nicht mehr laufen, sondern müssen rennen!
  • Um das Rennen durchzuhalten werden die Menschen physisch (Ärzte+Medikamente), psychisch (Psychologen) und materiell (Transportmittel, neue Computer...) fit gehalten. Aber was wird mit den sich ansammelnden (und meist weggedrückten) Nebenwirkungen? Haben die Zuwachszahlen von Krebs usw. vielleicht etwas damit zu tun?
  • Mit einem übergroßem Wirtschaftswachstum wachsen nicht nur die Probleme schneller als deren Lösungen, sondern die Probleme selbst befassen sich immer wenige rmit dem Leben und immer mehr mit dem Wachstum selbst. Der wachsende Anteil der Produktion ist dann nicht persönlich, sondern für die "Gemeinschaft", wie z.B.: Bomben, ampeln, Parkplätze, Regierungsaufgaben+Bürokratie, Polizei, Versicherungen, unpersönliche Massenprodukte...)
  • Der von allen "Großen" gepredigte RUN bzw. das setzen auf Wirtschaftswachstum ist eine Illusion und kann schon physisch nicht funktionieren. Mehr dazu: Wirtschaftswachstum

Lösungsansätze

In der Natur werden zu große Vereinigungen (Systeme/Strukturen) verhindert indem sie zerstört werden:

  • zu schnell und groß wachsende Sterne explodieren in einer Supernova
  • zu groß geratene Riesenbäume werden durch Winbruch zurechtgestutzt
  • ausbreitende Krebszellen sterben spätestens mit dem Wirt mit ab.

Dadurch können in der Natur keine "zu großen" Einheiten entstehen, welche aufgrund ihrer Unflexibilität und "Macht" zu viel Schaden anrichten würden. Ein Stern, welcher immer weiter+schneller wachsen würde wäre ein wachsender Problemfall!

Auch unsere von Menschen gemachten übergroßen Organisationen und Strukturen scheitern früher oder später. Dabei richten sie allerdings meist nochmal eine Menge Schaden an. Wir sollten also nicht darauf warten.

Was können wir Menschen also tun um ein "zu groß werden" unserer geschaffener Systeme und Einheiten (möglichst selbstorganisiert) zu verhindern? Dies wäre derzeit vor allem in der Wirtschaft nötig.

Grundsätzlich gibt es dazu 2 (sich nicht gegenseitig ausschließende) selbstorganisierte Vorgehensweisen:

  • A) Struktureller Ansatz: Das System wird so organisiert, daß bei Wachstum die Größenproblematik nicht auftritt .
  • B) Politischer Ansatz: Die Regeln unseres Wirtschaftssystems werden so geändert, daß ein Wachstum für die (z.B. Wirtschafts-)Einheit nicht sinnvoll ist und dadurch von sich aus nicht weiter wächst.

Struktureller Ansatz

Die hier beschriebene Größenproblematik von Organisationen und Systemen kann organisatorisch verhindert werden. Dann richtet ein weiteres Wachstum keine Schäden an bzw. wird dieses Wachstum automatisch (selbstorganisiert) unterbunden.

Beispiel Internet

  • Das Internet ist riesig groß und richtet trotzdem keine Schäden an. Es besitzt keine "Übergröße"!
  • Dies liegt an der dezentralen Orga-Struktur:
    • Es gibt praktisch keine zentralen Machtstellen, welche ihre Macht ausnutzen könnten
    • (Abgesehen davon, daß die Root-Server in der USA stehen und auch von dort kontrolliert werden könnten und diverse Staaten auch immer mal wieder versuchen das Internet zu kontrollieren).
    • Entscheidungen werden selbstorganisiert von den Nutzern und Beteiligten getroffen.

Praktische Umsetzung

  • Um die Größenproblematik in einer Organisation (z.B. Wirtschaftsunternehmen oder Politik) strukturell auszuschließen, muß die traditionelle, hierarchische Orga-Struktur geändert werden.
  • Erfolgreiche Beispiele ganz anderen Management-Systeme findet man in der Natur: Bei einem Fischschwarm, einem Mischwald oder den Neutronen im Gehirn gibt es zwar wichtige Schaltstellen und "zentrale Einheiten", aber diese sind "buttom up" anstatt "Top down" organisiert.
  • Diese alternative Organisationsform wird auch als chaordische Organisation bezeichnet. Um diese in unseren (menschlichen) Organisationen anzuwenden muß Peer-Management und Peer-Prozessorganisation eingeführt werden.
  • Ein Wachstum solch aufgestellter Organisationen ist dann nicht problematisch.

Politischer Ansatz

  • Da sicher kaum ein Firmenboss unter den derzeitigen Wirtschaftsregeln von selbst Macht abgeben wird, kann die Größe auch über Änderungen im Wirtschaftssystem (Steuersystem) durch die Politik im gesunden Rahmen gehalten werden.
  • Dies aber bitte nicht mit Verboten oder willkürlicher Zerschlagung zu großer Konzerne!
  • Eine selbstorganisierte Lösung in Neuland wäre die Einführung einer "Größensteuer" im Neuland-Steuersystem. Dadurch wird das Risiko durch Übergröße zum Kostenfaktor und die Unternehmen werden von sich aus (aus reinen Kostengründen) nicht zu groß werden. Analog wie in der Natur kein Baum hunderte von Metern wächst.
  • Trotzdem können weiterhin große Projekte gestemmt werden (z.B. die Entwicklung neuer Flugzeuge usw.), diese aber dann kaum mehr als Alleingang (da dazu die Größe fehlt), sondern als Kooperation (Projektverbund) verschiedener eigenständiger Unternehmen.

Quellen & Links

Literatur

  • Leopold Kohr, Das Ende der Großen - Zurück zum menschlichen Maß
  • E.F. Schumacher: Small is beautifull

Web

Filme

  • Beispiele wie durch "Größe" unsere Nahrungsmittel geschädigt werden: We feed the World, 95min in mehreren Teilen auf YouTube


Fußnoten

  1. a b Bewusst wurde hier ein Beispiel aus der Militärtechnik gewählt. Die aus technischer Sicht besten Lösungen des "Neulandes" finden sich eben leider häufig als Perversion technischen Fortschrittes in militärischen Anwendung, also Anwendungen aus einem "Ältestland" der Menschheit. Die Vorteile des "Neulandes" gegenüber dem "Altland" werden überhaupt in vielen Bereichen des Militärs deutlich, insbesondere auch in der Organisation und in militärischen Prozessen.