Stakeholder-Management

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Macht-Problematik im traditionellen Management

  • Solange jemand übergroßes Machtpotential hat, besteht die Gefahr der Verantwortungslosigkeit (s.strukturelle Verantwortungslosigkeit und Größenproblematik). Es ist nur eine Frage der Zeit, wann diese genutzt wird („Gelegenheit macht Diebe“).
  • Auch durch Peer-Prozessorganisation wird dieses Problem der Machtausnutzung gegenüber anderen nicht behoben:
    • Beispielsweise kann der Nachfolger von Ricardo Semler (s. SEMCO) weniger Gewinne an seine Mitarbeiter ausschütten und diese damit am Erfolg unterdurchschnitlich beteiligen.
    • Wenn zwar eine Peer-Prozessorganisation perfekt eingeführt wurde (z.B. SEMCO), können dadurch trotzdem extern Betroffene benachteiligt werden (z.B. durch Raubbau und Kontaminierung). Die Organisation arbeitet dann zwar effizienter, aber immer noch verantwortungslos.

Nutzenmaximierung durch Stakeholder-Management

Nutzenmaximierung für alle anstatt privater Profitmaximierung auf Kosten anderer:

  • Durch Stakeholder-Management wird Eigennutz zu Lasten anderer strukturell ausgeschlossen indem alle Beteiligten/Betroffenen (=Stakeholder) einer Organisation mitentscheiden können (strukturelle Nichtausbeutungsfähigkeit).
  • Eigennutz (und z.B. auch höhere Einkommen für bessere Leistungen) wird aber nicht wie im Sozialismus unterbunden, sondern ist weiterhin gewünscht. Allerdings muss dieser Eigennutz auch einen Gewinn für die Gesamtorganisation bringen (sonst würden die anderen nicht zustimmen). Damit wird das Gesetz des eingeschränkten Wettbewerbes eingehalten.
  • Anstelle riskanter Ego-Spielchen oder einseitiger Profitmaximierung zu Lasten anderer wird das gemacht, was allen nützt.

Wo macht Stakeholder-Management Sinn?

  • Stakeholder-Management macht volkswirtschaftlich und gesellschaftlich immer Sinn, da dadurch der Gesamt-Nutzen maximiert wird und private Profitmaximierung ohne Mehrwert und auf Kosten anderer ausgeschlossen wird.
  • In Unternehmen selbst (betriebswirtschaftlich) kann dies in der Realwirtschaft Sinn machen, da dadurch z.B.:
    • Märkte erschlossen werden können, welche mit traditionellem Management nicht erschließbar sind (Beispiel VISA-Card s.u.).
    • Risiken (z.B. (Kartell)Strafen, Kundenrückgang (z.B.strategischer Konsum),...) aus kurzfristigen oder verantwortungslosen Handlungsweisen (s.strukturelle Verantwortungslosigkeit) vermieden werden können.
    • Erhöhung von Kundenbindung und Image
  • Für Unternehmen, welche einen Großteil der Gewinne durch die Knappheitsrente einer leistungslosen Wirtschaft (Monopolstellung) erhalten, macht Stakeholder-Management dagegen keinen Sinn. Damit würden sie sich die eigene Geschäftsgrundlage (Bereicherung auf Kosten anderer) entziehen.

Aber selbst in der Realwirtschaft wird kaum ein "Chef" seine Macht freiwillig abgeben, selbst wenn dadurch größere Erfolge erzielt werden könnten. Realistischer ist hier die Einführung von Peer-Management bei Gründung einer Unternehmung. Auch der Gesetzgeber könnte mit Steueranreizen eine Umstellung auf Stakeholder-Management unterstützen. Wenn Stakeholder-Management den Bürgern bekannt wäre und auch die daraus resultierenden Vorteile für die Gesellschaft, könnte bis zu einem gewissen Grad über strategischen Konsum eine Umorganisation zu Gunsten Stakeholder-Management vorangetrieben werden.

Merkmale

  • Durch Stakeholder-Management wird die Mitbestimmung von allen Beteiligten ohne eine dominante Person bzw. Gruppe organisiert.
  • Dem Top-Management (in Politik: Regierung) wird seine zentrale Macht entzogen und seine Funktion auf das vernünftige Managen und Koordinieren der Interessen der Gesamtorganisation konzentriert.
  • Außerdem wird bei 100%igem Stakeholder-Management die Mitentscheidung auf alle Betroffenen der Aktivitäten der Organisation ausgedehnt. Es gibt nach wie vor Konflikte, aber keine von oben nach unten durchgesetzten Konfliktlösungen!

Um dies zu gewährleisten sollten weitestgehend folgende Merkmale umgesetzt werden:

Klare Regeln

  • Bei Stakeholder-Management macht nicht jeder was er will, sondern es gibt klare Regeln.
  • Fehlende Regeln führen nur dazu, dass sich diejenigen mit den stärksten Ellenbogen durchsetzen.
  • Allerdings funktionieren auch die schönsten Regeln nicht, wenn es keine legitimierte Instanz ("Chefs") gibt!

Machtgleichgewicht

Zwischen den verschiedenen Einheiten der Organisation herrscht ein Machtgleichgewicht:

  • Es gibt keine zentrale Machtposition mehr, von welcher aus eine einzelne Stelle über die anderen (willkürlich) verfügen kann.
  • Die einzelnen Einheiten und Betroffenen der Organisation befinden sich "im Gleichgewicht".
  • Somit kann keine Einheit die Anderen übervorteilen.

Mitsprache

Einbeziehung aller Betroffenen als Inhaber und Entscheider:

  • Alle Beteiligten und Betroffenen der Organisation sind gleichzeitig Inhaber (z.B. als Aktionäre, Genossenschaftler, Vereinsmitglieder) der Organisation und auch Mitentscheider.
  • In Wirtschaftsunternehmen sind dies beispielsweise Belegschaft, Kunden, Lieferanten und Partner.
  • In der Politik können dies z.B. Staaten, Bundesländer, Gemeinden und Bürger sein.
  • Dabei ist auf eine weitestgehende, transparente und effiziente Mitsprache aller Beteiligten zu achten.

Buttom-up-Organisation

  • “Buttom-up” (von unten nach oben) anstatt “Top-down“ Organisation ermöglicht vernünftiges managen & koordinieren anstatt Dominanz & Machtspielchen.
  • Es kann weiterhin Hierarchie- und Leitungsebenen geben und Personen mit mehr Befugnissen und Entscheidungsmacht als andere.
  • Allerdings werden die benötigten "Chef-Posten" und die entsprechenden Personen dazu "von unten" gewählt.
  • Auch die Ausprägung der Handlungsfreiheit der "Chefs" wird "von unten" vorgegeben.

Mehr dazu: s.u. "Leitung der Organisation"

Leitung der Organisation

Ohne formalisierte Leitungsstruktur (Chefs) funktioniert auch Stakeholder-Management nicht. Es würden sonst leicht informelle Hierarchien entstehen, die umso mehr Macht entfalten je weniger greifbar sie sind. Dabei gibt es als grundlegenden Unterschied herkömmlichen Vorgesetzten, dass die Wahl der Vorgesetzten sowie deren Handlungsvollmacht "buttom-up" (von unten) erfolgt:

Wahl der Vorgesetzten

Die "Chefs" werden nicht von oben ("top down") eingesetzt, sondern von unten ("buttom up"). Sie haben damit eine ganz andere Stellung im Unternehmen und könnten vielleicht besser als "Anschieber" (oder "Maintainer") anstatt "Chef" bezeichnet werden. Folgende organisatorische & kulturelle Unterschiede treten dabei zur traditionellen Leitung auf:

  • Die "Chefs" (bzw. Anschieber) werden von unten gewählt und können jederzeit abgewählt werden (s.o. "Buttom-up-Organisation").
  • Sie werden gewählt, weil sie die Besten für diesen Job sind und nicht, weil sie Beziehungen haben oder eine entsprechende Position. Damit werden die Positionen mit den dafür fähigsten Personen besetzt und optimieren den Erfolg der Organisation.
  • Wohin eine Gemeinschaft geführt wird ist nicht von Werten & Ansichten der Einzelnen zu trennen. Wahre Anführer sind Menschen, die den Sinn der Gemeinschaft verkörpern und den gemeinsamen Werten und Ansichten ermöglichen sich zu entwickeln.
  • Die Gefolgsleute „führen“ ihre Chefs: Die Gefolgsleute entscheiden aufgrund ihrer Mitsprache und Wahl der Anführer, wohin sie geführt werden.

Festlegung der Handlungsfreiheit

Nicht nur die Chefs werden von unten gewählt, sondern auch die Befugnisse (Handlungsfreiheit) dieser Chefs:

  • Das eine extrem der Handlungsfreiheit ist die 100%ige Gewährung:
    • Dadurch könnte der "Chef" schalten und wallten wie er wöllte. Er könnte damit auch Meinungen der Mitarbeiter jederzeit überstimmen.
    • Dies wäre höchstens dann sinnvoll, wenn der "Chef" wirklich eine Super-Intelligenz (bzw. Erfahrung) besitzt, welche größer ist als die Intelligenz-Summe der Gesamtorganisation.
    • Bei dieser 100%iger Handlungsfreiheit würde sich somit "offiziell" kaum etwas ändern gegenüber einer traditionellen Führung. In Wirklichkeit würde der mit 100%iger Macht ausgestattete Chef trotzdem bedeutend umsichtiger zu Werke gehen, da er ja kommendes Jahr wieder gewählt werden will.
  • Das andere extrem wäre eine Beteiligung (Mitsprache) aller Betroffenen bei nahezu allen Entscheidungen. Dies kann in größeren Organisationen z.B. durch das Werkzeug Liquid Democracy effizient und effektiv umgesetzt werden.
  • In den allermeisten Fällen ist sicher eine Handlungsfreiheit zwischen o.g. Extremen sinnvoll. Für das normale Tagesgeschäft der Vorgesetzten und "einfache" oder "risikoarme" Entscheidungen sollten die Vorgesetzten Handlungsfreiheit erhalten. Bei wichtigeren oder riskanteren Entscheidungen sollten die Mitarbeiter mitentscheiden können. Bei größeren Organisationen bietet sich dafür aus Effizienzgründen ebenfalls Liquid Democracy an.

Werkzeug Web 2.0

Ein effizientes Stakeholder-Management (breite Kommunikation, Mitsprache, Ideen- und Entscheidungsfindung durch alle Beteiligten) ist für eine größere Organisation erst seit wenigen Jahren möglich geworden:

  • Erst mit dem Web 2.0 können Transaktions- und Kommunikationskosten gegen 0 gesenkt werden und ermöglichen neue Organisationsformen wie Stakeholder-Management, Peer-Prozessorganisation und Peer Ökonomie.
  • Ohne diesen Werkzeugen könnten sich aufgrund des Aufwandes nicht alle Beteiligten an den Entscheidungen beteiligen.
  • Die Leitungsebene würde dann seine "Monopolstellung" ausnutzen, sich selbst mehr Macht verschaffen und die ursprünglich gute Idee gemeinsamer Entscheidungen schleichend abschaffen.
  • In der Geschichte war dies praktisch fast immer der Fall (in der Politik, bei Genossenschaften, Vereinen usw.):
    • Sobald die Organisation eine bestimmte Größe (s. auch Größenproblematik) erreichte und nicht mehr von den Einzelnen überschaut werden konnten, bildeten sich einzelne Machtzentren an den obersten Entscheidungsstellen, welche sich selbst verstärkten.
    • Diese nutzten dann ihre Macht auch mehr und mehr zum persönlichen Eigennutz gegenüber den anderen.
    • Eine Hoffnung bringende Idee landete dann am Ende doch wieder in den Mühlen zentraler Hierarchien. Profitmaximierung einzelner hatte immer mehr Vorrang vor dem Gesamtnutzen und es kam auch wieder zu Machtspielchen.

Mehr zu den Web 2.0-Werkzeugen sowie Beispiele: Neue Möglichkeiten durch Web 2.0.

Stakeholder-Management in der Politik

Machtgleichgewicht

Um übergroße Machtpositionen zu vermeiden, müssen Staaten und Bündnisse ein horizontales und vertikales Machtgleichgewicht aufweisen:

Horizontales Gleichgewicht:

  • Alle Einheiten der gleichen Stufe (z.B. Gemeinden oder Bundesländer oder Staatenbünde (z.B. EU)) befinden sich auf ihrer Stufe in einem Machtgleichgewicht.
  • Das heißt, auch die größte Einzeleinheit (z.B. Bayern) hat keine Chance gegen ein Bündnis weniger anderer Einheiten (z.B. Sachsen und Baden-Würtemberg).

Vertikales Gleichgewicht

  • Die oberen Schaltstelle (z.B. Bundesregierung gegenüber Bundesländer oder Bundesländer gegenüber Gemeinden) darf nicht mehr Macht als eine der jeweils unteren Einheiten besitzen.
  • Umso tiefer die Einheit, umso machtvoller sollte sie sein. Damit ist gewährleistet, dass wenn "die da oben" zu viel Unfug treiben, diese auch schnell wieder abgesetzt werden können (=Buttom up). Nur diese Möglichkeit führt schon dazu, dass die Regierenden keine Ego-Trips und Machtspielchen zu Lasten anderer anfangen.
  • Im optimalen Fall ist die unterste (und mächtigste) Entscheidungsebene nicht eine Institution (wie Bundesland oder Gemeinde), sondern die einzelnen Bürger. Diese können sich freiwillig mittels Liquid Democracy an den Entscheidungen und Vorschlägen beteiligen.

Erzielter Effekt

  • Durch o.g. Bedingungen wird gewährleistet, daß der Staat (bzw. das Bündnis) nicht von einem mächtigen Präsident für riskante, schädliche oder eigennützige Interessen ausgenutzt werden kann und alle aufgrund der Machtausübung von oben mitmachen müssen.
  • Die "obere" Regierung muß damit im Sinne der "unteren Einheiten" entscheiden, da die Regierung sonst einfach abgesetzt oder die Einheiten aus dem Bündnis ausscheiden bzw. ein anderes Bündnis bilden würden.
  • Das gefährliche "Eigenleben" von mächtigen, basisfernen Regierungen mit ihren "Elfenbeinturmentscheidungen" wird damit unterbunden und die Regierungen arbeiten ausschließlich zum Nutzen der eigenen Institutionen (z.B. Bundesländer, Gemeinden, Bürger...).

Beispiele zum Machtgleichgewicht

Einige der hier vorgestellten Beispiele sowie viele weitere beschreibt der österreichische Philosoph und Nationalökonom Leopold Kohr sehr verständlich und detailliert in seinem Buch "Das Ende der Grossen".

Heiliges Römisches Reich deutscher Nationen (HRR dt. N.)

Das HRR dt.N. erfüllte die Bedingungen des horizontalen Machtgleichgewichtes sowie der schwachen Regierung (vertikales Machtgleichgewicht):

Horizontal:

  • Es gab eine große Zahl einzelner Staaten des HRR dt. N.
  • Darunter gab es keinen "übergroße" Staat, welcher mehr Macht hatte als die Summe der anderen. Schon eine kleine Anzahl verbündeter hätte gereicht um es mit dem stärksten Staat des Kaiserreiches aufzunehmen.
  • Damit kam es praktisch zu keinen Kriegen zwischen den Mitgliedsstaaten und das Reich hatte lange Zeit bestand.

Vertikal:

  • Der Kaiser des Reiches hatte nur wenige eigene Soldaten, die es mit keinem der einzelnen Staaten aufnehmen konnten. Er hatte auch keine übergroßen Reichtümer.
  • Nach einer Anekdote wurde der Kaiser einmal von einem italienischen Wirt festgehalten, da er seine Rechnung noch nicht bezahlt hatte und musste "ausgelöst" werden.
  • Der Kaiser konnte somit nicht im Eigeninteresse zu Lasten Schwächerer handeln, da er selbst das schwächste Glied war.
  • Die Funktion der Kaiser-Regierung war somit auf die Koordinierung der Interessen der Staaten und die Zusammenarbeit und Organisation untereinander (z.B. im Kriegsfall) reduziert.
  • Eigene Macht-Allüren und das anzetteln von Kriegen waren aufgrund der fehlenden Macht somit strukturell ausgeschaltet.


Das HRR dt.N. dauerte aufgrund dieses Machtgleichgewichtes und "auf dem Boden bleiben" des obersten Herrschers über 1.000 Jahre an ! Natürlich muß erwähnt werden, daß im HRR die einzelnen Bürger nicht viel zu sagen hatten geschweige denn Liquid Democracy bekannt war. Um Kaiser zu werden brauchte man schon blaues Blut und gute Kontakte. Trotzdem reichte die Erfüllung der anderen Bedingungen für ein erfolgreiches, lang andauerndes Bündnis.

Gegenbeispiel Deutscher Bund
  • Der Deutsche Bund hatte im Gegensatz zum HRR dt.N. nur 50 Jahre bestand (1816-66).
  • Grund war hier ein Ungleichgewicht der Machtverhältnisse:
    • Die Staaten Preußen und Österreich waren "übergroße" Schwergewichte mit entsprechend bedeutend mehr Macht als die anderen Staaten im Bund.
    • Preußen und Österreich wollten jeweils die Oberhand (Macht) über den Deutschen Bund übernehmen. Preußen setzte sich durch und Österreich wurde aus dem Bund ausgeschlossen.
    • Nach dem Auschluß Österreichs nutzte Preußen seine nun alleinige Machtstellugn gegenüber den anderen kleinen Statten. -> Der Bund zerbrach und löste sich auf.
US-Staaten
  • Die einzelnen Staaten der USA bilden ein Machtgleichgewicht und haben ein großes Gewicht gegenüber der Regierung in Washington.
  • Dadurch ziehen die Staaten und die Regierung größtenteils "an einem Strang".
  • Mit einer starken Zentralregierung anstatt des förderalen Prinzips wäre die USA als politische Einheit nicht so erfolgreich. Wahrscheinlich wäre sie bereits wieder zerfallen.
Schweiz
  • Die Schweiz wird manchmal auch scherzhaft als "zänkisches Bergvolk" beschrieben.
  • Tatsächlich gibt es in der Schweiz viele unterschiedliche Regionen mit eigenen Ansichten, Werten und auch Sprachen.
  • Das zusammenleben in einem gemeinsamen Staat klappt deshalb so gut, da zur Gründung der Schweiz jedes "Völkchen" seinen Kanton bekam mit weitgehenden Rechten.
  • Falls die Schweiz als Zentralstaat ohne Förderales Prinzip gegründet worden wäre, wäre sie vermutlich bereits wieder zerfallen.
Weitere Gegenbeispiele

UNO

  • In den Vereinten Nationen herrscht aufgrund der Besetzung des Sicherheitsrates (höchstes Machtinstrument), in welchem die meisten Staaten gar nicht vertreten sind, ein Machtungleichgewicht.
  • Außerdem können die Veto-Mächte jede Entscheidung Blockierung und haben damit eine übergroße Machtstellung gegenüber den anderen.
  • Damit wird die UNO praktisch zum handlungsunfähigen Papiertieger.

Nazideutschland

  • Wenn der Reichskanzler in Deutschland weniger Macht gehabt hätte als ein einzelnes Bundesland (z.B. ähnlich wie beim i.g. HRR dt.N.), hätte die Machtergreifung von Hitler nie die absurden, kranken Konsequenzen gehabt (Weltkrieg, Judenvernichtung...).
  • Hitler baute seine Regierungsmacht aus, indem er die ihm evtl. ins Gehege kommenden Machtfaktoren der Bundesländer auflöste. Er spaltete die Bundesländer in kleinere Gaue auf (dazu hätte ein Kaiser des HRR dt.N. keine Macht gehabt). Diese Gaue hatten nur wenig Macht und ließen sich leicht mit ein paar SS-Truppen kontrollieren. Hitler schaffte damit ein noch größeres Machtungleichgewicht zu seinem Vorteil und die unteren Einheiten hatten keine andere Wahl als mitzuspielen.

Spanien

  • Die Probleme im fernen Baskenland von "oben" aus Madrid lösen zu wollen hat sicher wenig Erfolgschancen.

Mitsprache

  • Derzeit ist auch die Arbeit der demokratischen Regierungen sehr entfernt vom Peer-Management und damit sehr undemokratisch (s.Altland-Politik und strukturelle Verantwortungslosigkeit).
  • Dagegen können mit Stakeholder-Management optimale Entscheidungen getroffen werden.
  • Außerdem wird für die Bürger durch die Einbeziehung die Politik wieder interessant und spannend anstelle eines Ärgernisses. Damit bekommen die Regierenden wieder mehr Rückhalt und Legitimität.
  • Bei allen wichtigen, die Bürger betreffenden Entscheidungen sollten die Bürger befragt und einbezogen werden.
  • Schweden ist hier bedeutend weiter als Deutschland. Z.B. wurde das Atomendlager gemeinsam mit den Bürgern ausgewählt und sie stehen (auch nach der Fukushima-Katastrophe) dahinter. Schweden setzt auf Transparenz und Kontrolle durch die Bürger. Mehr dazu im Spiegel-Artikel v. 16.5.2011: Die sanfte Tour.
  • In Deutschland wurde dagegen die Suche und Entscheidung für Gorleben als Atomendlager "von oben" bestimmt. Diese Entscheidung ohne die Bürger wurde (und wird immer noch) teuer bezahlt.
  • Eine optimale und effiziente Mitsprache, ohne jemanden zu überfordern, könnte z.B. mit Liquid Democracy erreicht werden oder durch ein Veto-Recht der Bürger gegen Willkür über Volksentscheide auf Bundesebene. Die Schweiz hat hierbei bereits gute Erfahrungen gesammelt. Die Ergebnisse der Volksentscheide waren zumeist Verantwortungsvoller und Zukunftsfähiger als der Plan der Regierung.

Delegation nach unten und Selbstbestimmung

Soweit möglich sollten die politischen Entscheidungen nach unten verlagert werden. Beispiele:

  • Eine Möglichkeit dazu bieten z.B. Bürgerhaushalte:
    • Nicht nur die Offenlegung des Staatshaushaltes (Transparenz, s.o.), sondern eine Beteiligung an einem bestimmten Teil Entscheidungen für die Bürger kann mit "Bürgerhaushalten" erzielt werden.
    • Dies wird z.B. von Jürgen Leibiger in seinem Buch "Reclaim the Budget – Staatsfinanzen reformieren. Einführung in eine alternative Finanzpolitik" vorgeschlagen.
    • 2014 nutzten ca. 100 Kommunen Bürgerhaushalte, bei denen Einwohner eigene Vorschläge für die Budgetplanung einbringen und über den Teil der frei verfügbaren Haushaltsmittel mitentscheiden konnten. Z.B. buergerhaushalt.stadt-koeln.de
    • Als Werkzeug für solche Bürgerbeteiligungen werden oft Internetplattformen mit der Open-Source-Software Adhocracy eingeführt.
    • In anderen Ländern gibt es solche Verfahren auch schon für weitere Politikbereiche wie etwa Stadtplanung.
    • Ein Beispiel für mehr Autonomie der Gemeinden sind die "ZRC" für Kleinbauern in Kolumbien. In den ZRC sollen die Einwohner die Möglichkeit haben, eine gemeinschaftliche Selbstverwaltung einzurichten. Damit ist beispielweise die Entwicklung von eigenen Plänen zur Lebensmittelproduktion, zum Aufbau von Schulen, Krankenhäusern und Straßen gemeint. Mehr dazu: Bauern & Selbstverwaltung, Artikel in amerika21 v. 18.3.13
  • Die Bürger-Ideenplattform Nexthamburg fördert schon im frühen Stadium der Stadtentwicklung eine Beteiligung der Bürger
  • Mit Liquid-Friesland hat der Landkreis Friesland eine Beteiligungsplattform im Netz geschaffen, über die jeder Bürger Vorschläge machen kann, die dann zur Diskussion und zur Abstimmung stehen. Dies zu Themen des Landkreises wie Bau von Radwegen oder Parkanlagen. Der Kreistag hat sich verpflichtet über jeden Vorschlag, der eine Abstimmung gewonnen hat zu beraten.
  • In Hamburg entwickeln in der Gängeviertel-Genossenschaft die Bewohner des Stadtviertels ihren eigenes Viertel: Gängeviertel
  • In Berlin entwickelt die Genossenschaft "Holzmarkt" Brachflächen: Holzmarkt e.G.

Transparenz des Staates

Wichtig für eine faire und nutzbringende Mitsprache ist Transparenz:

"Gläserner Staat" anstelle "gläserner Bürger" (s.Altland-Politik).

  • Der Staat sammelt unermesslich viele Daten, wo niemand weis für was eigentlich? Und warum heimlich? Warum nicht diese alle für die Bürger zugänglich machen?
  • Z.B. alle Bezüge von Politikern, Wer was entschieden hat, die detaillierten Steuereinnahmen und Ausgaben etc. offenlegen? Da diese Daten sowieso schon gespeichert und fürs Controlling aufbereitet werden, ist die Veröffentlichung über ein freies Webportal praktisch ohne Kosten für den Staat möglich.

Ein Beispiel hierzu ist das Projekt [Scorecard] in den USA:

  • in diesem Webportal werden Daten aufbreitet und zugänglich gemacht, welche sich mit Umweltverschmutzungen befassen.
  • Die Basis sind Datenerfassungen/Kontrollen des Staates
  • Man sieht wer wo welche Gifte/Schädigungen freisetzt. Es gibt Rankings (größte Verschmutzer pro Gemeinde, Staat etc) und auch die Kontaktdaten der Fabriken.
  • Es hilft für Entscheidungen der Bürger wo man noch unbeschadet mit den Kindern hinziehen kann und wo lieber nicht
  • Durch die Veröffentlichung sind die Firmen selbständig daran interessiert nicht zu viel zu verschmutzen (wer will im Ranking schon oben stehen?)
  • Es wird deutlich, das Arbeitsplätze (neue Chemiefabrik) nicht immer nur positiv die Lebensqualität beeinflussen.

Ebenso ist Großbritannien in Sachen Verfügbarkeit von öffentlichen Daten weit vor Deutschland. Frei zugängliche Daten von nationalen und lokalen Behörden und Ministerien sind dort auf einer eigenen Webseite für jeden verfügbar.

In Deutschland gibt es aber auch Anfänge:

  • In Hamburg ist im Oktober 2012 ein Transparenzgesetz in Kraft getreten, nach dem bald alle öffentlichen Daten der Behörden und Landesbetriebe eigenständig veröffentlicht werden müssen.
  • Auch das Bundesinnenministerium und die EU arbeiten an Open-Data-Plattformen. Im Februar 2013 ging govdata, das Datenportal des Bundes online.
  • Auf dem Internetportal fragdenstaat.de können per Mausklick Daten eingefordert werden, die der Staat nicht von sich aus preisgibt, obwohl er es aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes eigentlich müsste. Dazu muss man nur in einem Formular Antragstext und Adressat angeben. Alle Bundesministerien, aber auch andere staatliche Institutionen und Unternehmen können befragt werden.
  • Selbst wenn der Staat Statistiken veröffentlicht, sind diese oft nur schwer zu verstehen. Um Daten zueinander in Beziehung zu setzen und konkret verständlich zu machen, arbeiten einige Internetplattformen daran, sie unter dem Stichwort "Datenvisualisierung" grafisch darzustellen. Ein gutes Beispiel ist der Bundeshaushalt unter: openspending.org/de-bund
  • Alle Plenardebatten im Bundestag, öffentliche Ausschusssitzungen sowie Parlamentsarbeit auf regionaler und lokaler Ebene werden live im Internet übertragen. Zudem sind auf diesen Internetseiten (wie z.B. bundestag.de) andere Dokument (z.B. Gesetze) online einsehbar und können nach vielen Kriterien durchsucht werden.
  • Mit dem Wahl-o-Mat kann man herausfinden, welche Partei am besten zu einem passt. Dafür klickt man sich durch einen Katalog mit Fragen zu aktuellen politischen Themen. Am ende erhält man eine Rangliste der Parteien, mit denen man am ehesten auf einen Nenner kommt.

Buttom up

  • Die demokratischen Staaten sind zwar formell "buttom up" aufgestellt, denn die Bürger wählen ja ihre Regierung.
  • Praktisch erfolgen die Entscheidungen trotzdem "top down".
  • Mit einem Kreuz auf dem Wahlzettel an einer Partei ist man dieser für 4 Jahre "ausgeliefert".
  • Man gibt alle eigene Macht ab. Selbst wichtige Fragen wie Eintritt in einen Krieg oder eine Währungsunion wird ohne die Bürger entschieden.
  • Die Partei stellt dann auch die Personen und Minister, nicht die Bürger.
  • Dabei halten sich die Parteien nicht einmal an ihre Wahlversprechen.
  • Man kann nach falschen Versprechungen auch seine Wahl nicht ändern (erst nach 4 Jahren).

Leitung

  • Die traditionellen Politiker sind keine "Anschieber", sondern "Chefs" mit ihren Machtspielchen.
  • Die Möglichkeit einer schnelleren Abwahl durch die Bürger (bzw. erstmal überhaupt eine Mitbestimmung auch nach Personen, nicht nur nach Parteien) könnte hier schlimmeres vermeiden.

Stakeholder-Management in der Wirtschaft

  • In Altland-Organisationsstrukturen ist die Erhöhung des "individuellen Profits" das oberste Ziel. Dieser wird im Zweifel zu Lasten der Anderen wie Lieferanten oder Kunden erzielt (s.Beispiele struktureller Verantwortungslosigkeit).
  • Durch das Mitentscheiden aller Betroffenen beim Peer-Management (s. obige Merkmale), wird das individuelle Profitziel in ein Ziel des Nutzens (Profits) für alle Beteiligten und Betroffenen ersetzt. Die Gewinnerzielung auf dem Rücken anderer wird organisatorisch unterbunden.
  • Auch bei Stakeholder-Management können hohe Profite erzielt und hohe Gehälter gezahlt werden. Dies wird allerdings gerecht nach Leistung verteilt und nicht nach "Positionen".
  • Wenn einzelne Stakeholder-Projekte auf Gemeinde- und Regionalebene kooperieren, kann eine ganze Volkswirtschaft nach dem "Stakeholder"-Prinzip (Nutzenmaximierung statt Gewinnmaximierung) aufgebaut werden. Mehr dazu: Peer Ökonomie. In diesem Artikel geht es dagegen nicht um die Organisation einer Volkswirtschaft, sondern die praktische Umsetzung eines Stakeholder-Management in einem Projekt, Unternehmen oder Organisation.

Stakeholder-Management Prinzipien

Um Stakeholder-Management in einer wirtschaftlich arbeiteten Organisation einzuführen, sollten folgende Prinzipien verankert werden um eine Entstehung von Machtpositionen zu vermeiden. Die Prinzipien wurden vom VISA-Card Gründer "Dee Hock" aufgestellt:

  • Die Organisation gehört allen Beteiligten zu gleichen Teilen, niemand kann überlegene Machtposition einnehmen.
  • Alle haben gleiche Rechte und Pflichten. Allerdings besteht auch keine Uniformität (z.B. können Vorstand und Mitglieder unterschiedliche Rechte und Pflichten haben), aber innerhalb einer Gruppe sind alle gleichgestellt und besitzen das Recht in andere Gruppen zu wechseln.
  • Die Organisation steht allen qualifizierten Teilnehmern offen, welche die Standarts erfüllen (niemand kann aufgrund von Willkür ausgeschlossen werden).
  • Macht, Funktionen und Ressourcen sind soweit wie möglich zu streuen (Dezentralisieren) um Machtkonzentrationen zu vermeiden.
  • Die Einnahmen werden in der Peripherie verteilt und nur der absolut notwendige Anteil für gemeinsame Aktivitäten an das Leitungsgremium (z.B. Vorstand) gegeben.
  • Innerhalb der Leitung wird die Autorität gleichmäßig verteilt und breit gestreut. Damit keine Interessen vorherrschen können und die "Chefs" einen Bezug zum Geschäft haben, wird die Leitung nur mit Mitgliedern besetzt und zwar so, daß alle relevanten Parteien zu gleichen Teilen vertreten sind.
  • Die Wahl der Leitung passiert "buttom up" von den unteren eigenständigen Einheiten. Das Prinzip "Maintainer anstatt Chefs", welches in der Peer-Prozessorganisation innerhalb der Abteilungen verwendet wird, wird hier für die obersten Leitungsebenen angewendet.
  • Alle Entscheidungen, Geschäfte und Finanzen werden so transparent wie möglich gestaltet. Jedes Mitglied kann jederzeit die Leitung kontrollieren bzw. an den Sitzungen teilnehmen.
  • Das Leitungsgremium hat Handlungsfreiheit. Bei wichtigen Punkten muß aber ein höherer Prozentsatz (z.B. 80% Zustimmung innerhalb des Vorstandes) an Ja-Stimmen erzielt werden oder es müssen sogar die Mitglieder mit einem bestimmten Prozentsatz (z.B. ebenfalls mind. 80%) zustimmen.
  • Der Vorstands-Vorsitzende leitet die Sitzungen, hat aber nicht mehr Macht (Stimmen) als die andere im Vorstand.
  • Keiner darf bei notwendiger Umorganisation schlechter gestellt werden. Bei materiellen Änderungen müssen diese über angemessenen Zeitraum hinweg und nach einheitlichen Standarts vorgenommen werden.
  • Soweit möglich wird alles auf freiwilliger Basis umgesetzt. Das Grundprinzip ist Überzeugen (Konsens), nicht erzwingen: Jeder hat das Recht auf Teilnahme und Kündigung ohne Sanktionen. Alle gemeinsamen Besitztümer, Produkte und Dienstleistungen können jederzeit zu Organisations-Zielen dienlichen Zwecken genutzt werden, müssen aber nicht !
  • Keine Nachschußpflicht: Beiträge der Mitglieder im Voraus (nicht nachhinein). Falls die Budgetgrenzen von der Leitung nicht eingehalten werden, hat jeder das Recht ohne Verpflichtung zu weiteren Zahlungen auszusteigen.

Achtung: Klare Ziele und Prinzipien sind essenziell wichtig für Peer-Management. Diese können aber nicht verordnet werden, sondern müssen durch die Mitarbeiter mit Erkennung der Chancen gern gelebt werden.

Nützliche Werkzeuge & Tipps für die Praxis

  • Transparenz: Die Buchhaltung sowie möglichst viele Informationen allen beteiligten Einheiten offenlegen wie bei SEMCO.
  • Nutzung von Liquid Democracy, z.B. Software "Votorola" (Diskussionsforum, Abstimmmodulund Textbearbeitungstool (Mediawiki)) zur effizienten Diskussion + Kristallisation des Sinnvollsten)
  • Die Form der Genossenschaft (Kooperative) ist oft eine passende juristische Form für eine Peer-Management Organisation.

Es gibt kein generelles Schema oder eine DIN-Norm, die man umsetzen kann um Stakeholder-Management einzuführen. Stakeholder-Management kann man nicht überstülpen. Man muss es individuelle entwickeln und anpassen. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle, wie z.B.

  • Bereitschaft und KnoHow der Mitarbeiter/Beteiligten
  • Stand der derzeitigen Organisation (flexibel oder starr, groß oder klein...)
  • Abhängigkeit von Partnern, Produkten usw.

Beispiele Wirtschaft

Genossenschaften

Genossenschaften folgen von Konzeption her dem Gedanken des Stakeholder-Managements:

  • Genossenschaften sind formell Entscheidungsmäßig "von unten aufgebaut" (buttom up). Die Mitglieder sind selbst Inhaber des Unternehmens (Anteilseigner) und bestimmen mit (wählen in der Generalversammlung den Vorstand usw.)
  • Wo dies auch praktisch gelebt wird, ist es Stakeholder-Management.
  • Beispielsweise ist die überregionale Tageszeitung "TAZ" eine Genossenschaft

In der Praxis sieht es allerdings oft anders aus. Die Mitsprache steht lediglich formell auf dem Papier:

  • Die Geschäftsführung hat relativ wenig Kontakt mit den Mitgliedern und "kreist alleine seine Runden". Die Mitgliederversammlungen werden als "notwendiger zusätzlicher Stress" angesehen.
  • Nur das gesetzlich notwendige wird durch die Mitglieder entschieden. Z.B. fragt eine große Wohnungsgenossenschaft kaum ihre Mitglieder (die eigentlichen formellen Bestimmer), ob die Investition in Balkone für alle Wohnungen gewünscht ist. Die Geschäftsführung entscheidet über das Investment alleine, obwohl die Mitglieder dann über höhere Mieten alles bezahlen müssen.
  • Diese fehlende Mitbestimmung ist meist beidseitig. Die Mitglieder haben keine Lust oder Zeit mitzusprechen. Oder es ist zu umständlich. Die Geschäftsführung tut dann aber auch sehr wenig um die Mitsprache effizienter zu gestalten oder zu erweitern (wer will schon Macht & Kontrolle abgeben?!).
  • Dies ist typisch für Genossenschaften, in denen die Konsumenten (z.B. Mieter bei Wohnungsgenossenschaften oder Kunden Unternehmens (z.B. Konsum Dresden) Genossenschaftsmitglieder sind. Die Mitglieder (und damit Inhaber) sind hier meist untereinander nicht gut organisiert und die Mitgliedschaft ist meist nur eine "nebenbei-Geschichte", für welche nicht viel Zeit bleibt.

Besser sieht es aus, wenn für die Genossenschaftsmitglieder die Mitgliedschaft eine hohe Priorität hat und sie sich auch untereinander organisieren können:

  • Dann besteht ein ganz anderer Bezug zum Unternehmen und die Mitglieder bringen sich von selbst viel mehr ein und passen auf, dass die Geschäftsleitung auch ihre Interessen wahrnimmt.
  • Ein Beispiel hierzu ist der Lebensmittelhändler REWE:
    • Die Genossenschaftsinhaber sind hier nicht die Kunden der REWE-Märkte, sondern die selbständigen Marktleiter.
    • Da die Marktleiter ihre Einkommen aus dem Erfolg der Märkte bekommen und auch die Risiken mittragen, haben sie natürlich einen ganz anderen Bezug zum Unternehmen und praktizieren eine tatsächliche Mitsprache.

Große Genossenschaften sollten effiziente Werkzeuge der Mitsprache (z.B. Liquid Democracy) nutzen um die Mitglieder als eigentliche Bestimmer mit einzubeziehen. Da die Geschäftsführung dadurch Macht abgeben müsste, wird dies vermutlich nur auf Druck der Mitglieder passieren. In der Praxis hängt das Leben von Peer-Management in traditionellen Strukturen (wie dies eine Genossenschaft ist) meist von der Größe ab. Eine kleinere Wohnungsgenossenschaft hat eher Kontakt mit den Mitgliedern als eine große (s. auch Größenproblematik).

Herstellung von Bier und Cola

  • Ein dezentral organisiertes, konsens-demokratisches Kollektiv vertreibt Cola, Bier und Kaffee in Deutschland, Österreich und der Schweiz
  • Teil des Kollektivs kann jeder werden, ob Getränkehändler, Spediteur, Abfüller, Barkeeper oder Konsument – wer immer mit der Cola zu tun hat, kann sich auf einer Mailingliste eintragen lassen, wenn er einen Kollektivisten kennt, der ihn empfiehlt.
  • Per E-Mail werden alle unternehmerischen Entscheidungen diskutiert, die Finanzen offen gelegt, über Investitionen abgestimmt – streng nach den Regeln der Konsensdemokratie.

Mehr dazu: Projektwebseite: Premium-Cola, in Wikipedia (engl.): Premium-Cola, 5min-Video auf YouTube: Premium-Cola

VISA-Card

  • Das Kreditkarten-Unternehmen VISA-Card ist kein Top-Down organisiertes Franchise- oder Lizenzsystem, in welchem VISA eine Machtposition gegenüber den Lizenznehmern hat.
  • Es ist ein offenes System, in welchem jede teilnehmende Bank automatisch Inhaber von VISA sowie Entscheider wird.
  • Der VISA-Vorstand wird von den Banken gewählt und auch die Gewinne auf die Banken verteilt.

Mehr dazu: Stakeholder-Management bei VISA-Card

Solidarische Wirtschaft

  • Bei Unternehmen der solidarischen Wirtschaft sind die Mitarbeiter gleichzeitig die Bestimmer und Inhaber des Unternehmens.
  • Die Anteile am Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" gehören zu 51% den Mitarbeitern (Spiegel-Mitarbeiter KG)


Entschlüsselung menschliches Genom

  • Die freie Datenbank des "Human Genom Project" gehört allen und ist für jeden frei zugänglich.
  • Hier gibt es keine Monopol/Macht-Position eines Eigentümers, der Nutzer ausschließen bzw. Preise festsetzen kann.
  • Eine weitere Patentierung und Privatisierung des menschlichen Genoms konnte damit verhindert werden.

siehe HumanGenomProject

Peer-to-Peer-Banken

  • Peer-to-Peer-Banken (=P2P-Banken) sind Netzwerk-Organisationen zum Geldverleih.
  • Dabei leihen (tauschen) die Menschen Geld ähnlich wie sie Musik, Filme oder Software im Internet tauschen: Im direkten Kontakt ohne große, zentrale Institution.
  • Peer-Banken verfolgen das Ziel, dass sich Menschen in einer Gemeinschaft zusammen tun, um so ein Investmentvolumen zu schaffen, mit dem sie gesellschaftlich nachhaltige und ökologisch sinnvolle Geschäftsideen unterstützen. Im Gegensatz zu einem Investmentfonds beteiligt sich der "soziale" Investor mit verhältnismäßig kleinen Beträgen und kann selbst entscheiden, welchen Unternehmer er unterstützen möchte.
  • Beispiele: Peer-Bank Kiva, Peer-Bank Smava

Mehr dazu in Wikipedia: Peer-to-Peer-Kredit Ein Video über P2P-Banken: P2P-Kredite: Mit Geld beginnt die Freundschaft

Weltwährung

Altland-Weltwährung

  • Der US-Dollar als derzeitige Weltwährung ist ganz klar eine Währung mit Machtmonopol der USA. Nur die Notenbanker (bzw. Politiker) der USA bestimmen hier über Zinssatz, Geldmenge, Inflation usw.
  • Dies wurde (und wird gerade wieder) schon öfters ausgenutzt. Z.B. kann sich über eine Abwertung der eigenen Währung die USA auf dem Rücken der anderen Länder entschulden. Die anderen Länder sind dann gezwungen den Dollar zu stützen (zu kaufen), damit ihre eigene Währung nicht zu hart wird und damit der eigene Export gefährdet wird.

Neuland-Weltwährung

  • Eine Neuland-Weltwährung ohne zentrale Machtposition wäre eine globale Währung, die lediglich einen Verrechnungswert von allen Landeswährungen darstellt und keine nationale Währung eines Landes ist.
  • Jede nationale Währung ist dann frei konvertierbar in diese globale Währung. Der Wechselkurs wird automatisch über die Kurse der Landeswährungen untereinander ermittelt.
  • Falls ein "Management" für diese Währung benötigt wird, muss dieses von allen Ländern demokratisch gewählt werden. Auch wichtige Entscheidungen könnten über Liquid Democracy von den Ländern und nicht vom berufenen Manager getroffen werden.

Beispiele aus Gesellschaft & Computer

Vereine

Bei Vereinen stellt sich das Stakeholder-Management ähnlich wie bei den Genossenschaften (s.o.) dar:

  • Auf der einen Seite bietet die juristische Form des Vereins ein "bottom up" Prinzip (die Mitglieder sind die Bestimmer und wählen den Vorstand von unten). Also eine gute Voraussetzung für Peer-Management.
  • In der Praxis ist diese Mitsprache sowie die Verantwortung des Vorstandes für die Mitglieder eher formeller Natur. Dies vor allem umso größer ein Verein ist (s.Größenproblematik):
    • Beim ADAC z.B. gibt es praktisch kein Peer-Managements. Die meisten Mitglieder wissen nicht einmal, dass sie den Vorstand mit wählen sollten. Der ADAC stellt seine Strukturen zwar stets als demokratisch dar. Das Manager Magazin sah dies aber z.B. in der Ausgabe 8/2004 ein wenig anders und titelte „Moloch ADAC - Die zweifelhaften Geschäfte des Automobilclubs“. Das Magazin zeigte mehrere Beispiele auf, wo bei Vereinsfunktionären des ADAC die Grenze zwischen Ehrenamt und privaten Geschäften zu verschwimmen scheint.
    • Im kleinen Sportverein oder der Gartensparte dagegen gibt es bedeutend weniger strukturelle Verantwortungslosigkeit und mehr Peer-Management. Wobei auch hier oft der "Präsident" eine übergroße Machtstellung hat, da niemand sonst die zeitaufwendige und meist unbezahlte Arbeit tun kann/will. Der Präsident kann diese Alleinstellung dann zum Eigennutz (oder für persönliche Marotten) ausnutzen.
  • Bei Vereinen sollte demnach auch darauf geachtet werden die Mitsprache und Information effizient und einfach für die Mitglieder zu gestalten. Beispiel-Werkzeuge findet man unter Peer-Prozessorganisation.

Freie Software

(Open Source)

  • Bei der Entwicklung und Nutzung von freier Software gibt es keine Machtpositionen oder Eigentümer, die bestimmen.
  • Jeder kann den Programmcode einsehen und weiterentwickeln. Diese kommt dann auch allen anderen Nutzern zu Gute.
  • Mit den 4 Lizenzbedingungen (GPL-Lizenz) von freier Software hat der Begründer Richard Stallmann eine Kulturrevolution geschaffen.

Mehr dazu: Stakeholder-Management bei freier Software

Bittorent-Tauschbörsen

  • Im Gegensatz zu traditionellen Client-Server-Systemen funktionieren die Bittorent-Tauschbörsen im Internet komplett ohne "Zentrale" (Server). Es gibt damit keinen "Machtfaktor" auf den die Nutzer (Clients) angewiesen wären.
  • Alle User, die am Netzwerk teilnehmen stellen Speicherplatz und Netzwerkkapazität zur Verfügung.
  • Die Up- und Downloads laufen komplett selbstorganisiert zwischen den Teilnehmern.

Mehr dazu: [1]

Internet

  • Das Internet funktioniert praktisch ohne zentrale Machtstelle. Es ist ein dezentrales, freies Netzwerk, welches jedem offensteht und schwer von Einzelnen kontrolliert werden kann.
  • Auch wenn durch diverse Instanzen versucht wird das Internet zu kontrollieren (zu zensieren etc.) und die USA aufgrund der Hoheit über die Domaine-Server eine gewisse Macht ausüben kann (Unerreichbarkeit von Seiten über den herkömmlichen Namen), kann man das Internet als frei von zentralen Machtpositionen bezeichnen.

Umsetzung

Wenn eine große Organisation erstmal am "Gift der Macht" gerochen hat, wird es diese kaum von sich aus loslassen. Wahrscheinlicher ist die Einführung von Peer-Management durch:

  • Intern - bei Gründung: Innovative Gründer einer Organisation sind meist nicht nur einseitig am Profit orientiert. Vielmehr haben sie eine interessante Idee und wollen sich selbst verwirklichen. Nachdem ihr Unternehmen Erfolg hat, kommen ab einer bestimmten Größe vermehrt die Nutzung der Machtstrukturen und eine einseitige Profitausrichtung durch. Hier verkauft der Gründer oft das Unternehmen und sucht sich ein neues Betätigungsfeld. Wer nicht will, daß sein Unternehmen "im Portfolio eines Großkonzerns" endet und die Gefahr der Übergröße (s.Größenproblematik) kennt, der kann schon von Anfang an oder bevor das Unternehmen zu groß wird Peer-Management einführen.
  • Durch externen Druck des Marktes bzw. der Wähler: Wenn Kunden (bzw. Wähler) die Organisationsform des Peer-Management kennen und ihnen die gesellschaftlichen Vorteile (Nutzen anstatt einseitiger Profit) bewußt sind, können sie die Organisationen über z.B. strategischen Konsum (bzw. an der Wahlurne) zur Einführung von Peer-Werkzeugen zwingen.