Strukturelle Ineffizienz
Fast alle größeren traditionellen Organisationen in Wirtschaft (Unternehmen), Gesellschaft (Vereine, NGO's) und Politik (Regierungen, Staatsorgane) arbeiten sehr ineffizient bzw. treffen gravierende Fehlentscheidungen. Dadurch werden hohe Kosten, Risiken und Schäden verursacht.
Inhaltsverzeichnis
Beispiele
Bekannte Beispiele für solche strukturelle Ineffizienz in Wirtschaft + Politik sind:
Wirtschaft
- Die milliardenteuren Lieferschwierigkeiten des Großraumflugzeuges Airbus A380
- Der Kauf und Verkauf von Chrysler durch Daimler-Benz brachte einen Firmenwertverlust von 85 Mrd. €.
- Der Kauf und Verkauf von Rover brachte BMW einen Verlust von 5 Mrd. €
- Die Pleite des größten deutschen Baukonzerns Holzmann trotz Hilfe der Bundesregierung.
Politik
- Teure Subventionen ohne Mehrwert (Lausitzring, Cargo-Lifter, Müller-Milch, Western-City...)
- Zu teure Entwicklungshilfeprojekte oder bzw. mit gegenteiligen Effekten (Bsp. GTZ-Bildungsprojekt Peru, Ökosilos Lima).
- Beispiele aus dem "Schwarzbuch der Steuerzahler" des Steuerzahlerbundes
Details zu den Beispielen aus Wirtschaft+Politik sowie weitere Beispiele: Beispiele struktureller Ineffizienz
Ursache "Übergröße"
Die hier erklärte "strukturelle Ineffizienz" tritt vor allem bei größeren, hierarchisch-zentralisierten Organisationen auf (s.Größenproblematik):
- Wenn eine Organisation (z.B. in Politik und Wirtschaft) traditionell strukturiert ist (zentrale Struktur, Hierarchien), wird diese Organisation automatisch mit zunehmendem Wachstum unübersichtlicher, komplexer und ineffizienter.
- Diese Ineffizienz führt ab einer bestimmten "Übergröße" zu höheren Kosten als durch mögliche Synergien eingespart wird.
- Da die zunehmenden Kosten "weich" sind und nicht "berechnet" werden können (Risiken, Mitarbeiterunzufriedenheit, Qualität...), fehlen diese dem Controller in seiner Ergebnisplanung. Der Controller am Schreibtisch wird also immer (aufgrund der fehlenden "weichen" Kosten) für mehr Wachstum, Zusammenschlüsse usw. entscheiden. Dies führt dann oft aufgrund der ungenügenden Grundlage zu bösem erwachen (s. Beispiele unten).
Das Hauptproblem ist demnach, das in diesen hierarchischen Organisationen die "Gesamtintelligenz" der Organisation nicht genutzt wird, sondern lediglich die Intelligenz der obersten Führungsriege. Dagegen wird das Wissen, Kreativität und Innovation von z.B. 200 "niederen" Beschäftigten und tausenden "Externen" kaum genutzt.
Gründe der Ineffizienz
Bedingt durch die o.g. "Übergröße" liegen die Gründe der Ineffizienz strukturbedingt im Konzept der Altland-Organisation:
- Ineffizienter Prozesse z.B. durch:
- langsame und unflexible Hierarchien
- Unnütze Regeln & Vorschriften
- Überarbeitete Chefs
- Unmotivierte Mitarbeiter
- Gravierende Fehlentscheidungen aus dem "Elfenbeinturm" sowie Nicht-Nutzung möglicher Innovation & Kreativität durch:
- Unmotivierte & nicht-eingebundene Mitarbeiter
- Nicht-genutzte externe Kreativität & Innovation
Dies führt zu vermeidbaren Kosten und ungenutzten Chancen:
Nicht realisierte Gewinne+Chancen (intern)
(bzw. Verlust von wertvollem internen Potential)
Die traditionellen Hierarchien:
- laufen praktisch zum größten Teil einseitig von oben nach unten (top down). Dadurch kann die Chefetage schnell ihre Entscheidungen "durchdrücken" und wird nicht mit "Wehwehchen" oder "Schnapsideen" der unteren Vorgesetzten und Mitarbeiter "belästigt".
- Untere Mitarbeiter und Vorgesetzte bekommen meist nicht einmal Zugriff auf alle für ihre Tätigkeiten relevanten Informationen.
- Selbst wenn der Wille bei den Chefs da ist, Ideen der Mitarbeiter aufzunehmen, bleibt dafür meist keine Zeit. Denn die Vorgesetzten sind schon mit den täglich bei ihnen aufschlagenden Problemen sowie der Kontrolle der Abläufe und Mitarbeiter mehr als ausgelastet. Für das Auseinandersetzen mit neuen Ideen ist keine Zeit.
Ergebnis:
- Ideen und Verbesserungen der Mitarbeiter können dadurch nicht entwickelt werden bzw. versanden im Getriebe.
- Dadurch verlieren die Mitarbeiter ihre Bereitschaft aktiv das Unternehmen voranzubringen und werden zu "Bewohnern" des Systems, welche "Dienst nach Vorschrift" machen. Die Unzufriedenheit der Mitarbeiter steigt.
- Somit geht dem Unternehmen wertvolles Potential, Erfahrungswissen, Kreativität und Kompetenzen verloren.
Einzigartiger Verlust:
Dieses verlorengegangene Potential ist einzigartig und kann meist nur von den entsprechenden Mitarbeitern der Abteilung generiert werden:
- Aufgrund der rasanten Vervielfachung des Wissens sowie des schnellen Verfalls, gibt es heutzutage keine "Universalgenies" wie damals Goethe oder Leibnitz mehr.
- Die meisten Mitarbeiter brauchen auf ihrem Gebiet intensive Spezialkenntnisse und erarbeiten sie sich. Je nach Abteilung kann das z.B. sein:
- Produktschulungen, spezielle EDV-Programm-Kenntnisse, Kundeninformationen, Marktkenntnisse, Mitarbeiterkenntnisse, Lieferantenkenntnisse usw.
- Zudem die Kenntnisse der Schnittstellen zu den anderen Abteilungen, der beteiligten Mitarbeiter usw.
- Selbst der intelligenteste Vorgesetzte (oder Vorstandsvorsitzender) kann dieses Wissen nicht ersetzen und für seine Mitarbeiter denken.
- Dieses Wissen der eigenen Mitarbeiter über ihre Abteilungs-Abläufe kann weder extern eingekauft noch durch eine Stabstelle des Unternehmens ersetzt werden. Wie ihre Arbeit am effizientesten zu erledigen wäre und was man besser machen könnte, weis allein der Mitarbeiter selbst am besten.
Kosten durch unnütze Vorschriften (intern)
Vorschriften an die Mitarbeiter, wie sie ihre Arbeit zu erledigen haben, sind oft nicht praxistauglich oder ineffizient. In Unternehmensumfragen zur Effizienz der Arbeit in mittleren und grossen Unternehmen wurden den Mitarbeitern folgende Fragen gestellt:
- Wieviel Zeit, Energie + Einfallsreichtum wird auf Befolgung von sinnlosen Vorschriften + Prozeduren verwendet?
- Wieviel Zeit diese zu umgehen um in verbleibender Zeit produktiv zu sein?
- Wieviel Zeit um solche Regeln zu interpretieren+gegenüber anderen durchzusetzen?
- Wieviel Arbeitskraft wird ihrem Unternehmen aufgrund Frustration+Nutzlosigkeit vorenthalten?
→ Ergebnis der Befragungen: 50-80% der Arbeiten sind unproduktiv ! Dies kostet Zeit und Geld.
- Bei tatsächlicher Einhaltung aller Vorschriften und Hierarchien würden die meisten großen Unternehmen nicht mehr funktionieren !
- Die Mitarbeiter lösen die meisten Probleme auf dem informellem Weg. Z.B. beim Pausen-Gespräch mit dem befreundeten Kollegen aus der anderen Abteilung (siehe Vorschriften und deren Umgehung).
Nicht realisierte Gewinne+Chancen (extern)
(bzw. Verlust von wertvollem externen Potential)
- Anstelle externes Know-How und Erfahrungswissen für das eigene Unternehmen zu nutzen, wird sich nach außen abgeschottet.
- Statt mit anderen Unternehmen als Partner zusammenzuarbeiten, werden Unternehmen eingekauft (z.B. um eine bestimmte Technologie oder Absatzmarkt zu erhalten). Dies geht oft schief, da die Integration der anderen Unternehmenskultur meist bedeutend schwieriger ist als angenommen und bei den "Controllern" auch nicht als Kostenblock vorgesehen ist. Siehe die Beispiele von DaimlerChrysler und BMW unter: Beispiele struktureller Ineffizienz
Kosten durch Fehlentscheidungen
(bzw. Einseitige Entscheidungen aus dem Controlling-"Elfenbeinturm")
Durch die oben beschriebenen traditionellen "top-down"-Hierarchien geht nicht nur die Kreativität und Ideen der Mitarbeiter für das Unternehmen verloren, sondern schlimmer:
- Entscheidungen der Chefetage ohne die Berücksichtigung des Erfahrungswissens der beteiligten Mitarbeiter oder Kenntnis der eigentlichen Sachlage, sind hochriskant und führen oft zu teuren Fehlentscheidungen.
- Entscheidungen lediglich aufgrund von Umsatz- und Kostenzahlen des Controllings ohne der Kenntnis des "tatsächlichen Lebens hinter den Zahlen" sind unverantwortlich. Aber leider meist die Praxis. Siehe auch Beispiele struktureller Ineffizienz.
Der Vorteil der "Kleinen"
- Kleinere Unternehmen, wo der Chef noch jeden kennt und auch dessen Arbeit haben hier kein Problem. Die vielen Regeln und Hierarchien gibt es hier nicht.
- Die o.g. Nachteile der Altland-Organisation wachsen überproportional mit der Größe des Unternehmens (s. auch: Größenproblematik).
- "Kleinere" Geschäftseinheiten haben aufgrund o.g. Orga-Problematik größere Umsatzrenditen als große, unübersichtliche Einheiten.
Beispiel Mercedes-Benz
- Die Mercedes-Benz Niederlassungen sind alles 100%ige Töchter des Konzerns und alle nach dem gleichen Organisationsmuster aufgebaut. Deshalb auch gut zu vergleichen.
- Im Ranking der Niederlassung zeigt sich, daß die kleineren Niederlassungen durchschnittlich immer eine bessere Umsatzrendite erzielen als die "Großen".
- Obwohl die Großen doch eigentlich mehr Synergien haben? -> Aber die Großen sind eben unübersichtlicher und unflexibler.
Beispiel Erecon
- Der Unternehmer Harald Rossol will nicht, daß seine Firma Erecon weiter wächst
- Rossol befürchtet, würde er die Zahl seiner Mitarbeiter verdoppeln oder verdreifachen, hätte er jede Menge Managementaufgaben zu erledigen und könnte sich nicht mehr persönlich um die Kunden kümmern.
- Ein Bericht in der TAZ vom 16.1.2011 dazu: Darf's ein bisschen weniger sein?
Beispiel Innovationen
- Nicht eines der gängigen Haushaltsgeräte wie E-Herd, Trockner, Lampe, Staubsauger, Waschmaschine, Bügeleisen, Radio, Mikrowelle usw. wurde von einem großen Konzern (z.B. Siemens) erfunden. Auch die Glühbirne nicht.
- Obwohl hier bedeutend mehr Geld, KnowHow und Ressourcen für Forschung+Entwicklung zur Verfügung steht als bei kleinen Firmen oder "Einzelkämpfern".
- Aufgrund der oben erklärten "strukturellen Ineffizienz" wird das Potential und die Kreativität der Mitarbeiter vergeudet bzw. im Getriebe der Organisation ausgetrieben.
Alternative Organisation
- Die hier erklärte Art der Altland-Organisation ist sinnvoll wenn sich die Marktbedingungen und das Umfeld nicht ändern sowie der Wissenszuwachs gering ist.
- In der heutigen Zeit der schnellen Veränderung ist dies allerdings nicht mehr zeitgemäß. Ein Unternehmen muß sich schnell anpassen können und im Wettbewerb das eigene Potential nutzen um nicht abgehangen zu werden.
- Eine alternative, effizientere Neuland-Organsation ist möglich und auch notwendig um wettbewerbsfähig zu bleiben: Peer-Prozessorganisation. Mit dieser Art der Organisation kann das Unternehmen auch weiter wachsen und muß nicht wie Herr Rossol im Beispiel "Erecon" auf Wachstum verzichten.