Chaordische Organisation
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Begriffserklärung
Der Begriff "Chaord"-Organisation wurde vom Gründer der VISA-Card, Dee Hock, begründet und beschreibt das Zusammenspiel von Chaos und Ordnung:
- Chaos: Wenn in einer Organisation Peer-Prozessorganisation mit Peer-Management kombiniert wird, entsteht eine nicht mehr durch einzelne kontrollierbare neue Organisationsform.
- Ordnung: Wenn allerdings die Ziele sowie Prinzipien der Organisation klar sind, taucht aus dem Chaos eine selbstorganisierte Ordnung (Konzept, Struktur, Entscheidungen+Handlungen) auf.
Während Hock aufgrund der Ineffizienz traditioneller Organisation zu selbstorganisierter, auf Vielfalt basierter Chaord-Organisation kommt, kommt Leopold Kohr über die Nachteile traditioneller Systeme in Verantwortlichkeit und Machtausnutzung zum gleichen Ansatz einer neuen Organisationsform.
Merkmale
Chaord-Systeme sind:
- weder zentralisiert noch anarchisch. Sie ähneln dem Orgamodell der Natur.
- eine offene, sich selbst ermächtigende + selbst regulierende Organisation.
Flexibilität
Die Organisation ist extrem flexibel + besonders dauerhaft: Sie ist aus sich heraus fähig zu kontinuierlicher Veränderung ihrer Form und Funktion ohne die verkörpernden Prinzipien zu opfern:
- Der Erfolg jedes Teils der Organisation hängt von seiner Fähigkeit ab, eine Form anzunehmen, die für die Gesamtorganisation nützlich ist. Ohne diese Fähigkeit muß der entsprechende Teil diese entwickeln oder wird ersetzt. Da jeden Teil der Organisation sehr flexibel ist, wird auch die Gesamtorganisation sehr anpassungsfähig.
- Die selbstorganisierte Ordnung passt sich jederzeit an Veränderungen an, da sie nicht festgeschrieben ist und nicht erst gegen Bürokratien ankämpfen muss.
Erfolg
- Der Erfolg in einer sich ständig verändernden Umwelt hängt von der Fähigkeit ab, durch schnelle & effiziente Änderung genau die Form anzunehmen, welche am besten auf die veränderte Umwelt abgestimmt ist.
- Die Flexibilität macht somit die Chaord-Systeme in einer komplexen, veränderlichen Umwelt zu erfolgreicheren Systemen als traditionelle, starre, hierarchieorientierte Organisationen.
- Maschinen brechen bei Veränderungen zusammen (oder brauchen viel externen Aufwand). Chaordische Systeme entwickeln sich dagegen selbständig.
Gemeinschaftsbildung
- Die „Bildung einer Gemeinschaft“ (Treffen, Feiern...) anhand eines gemeinsamen Zieles bzw. einer Philosophie ist essenziell wichtig, damit "selbstorganisiert" (ohne große Vorschriften) an einem Strang zum gemeinsamen Erfolg gezogen wird.
- „Toleranz & Vertrauen“. Man muss akzeptieren, dass das Verhalten der anderen niemals bis ins Detail hinein geregelt werden kann.
Konkurrenz & Kooperation
- Im reinen Kapitalismus führt extreme Konkurrenz zur Schädigung der Gesellschaft.
- Im Sozialismus führt fehlende Konkurrenz zur Schädigung der Gesellschaft.
- Bei Peer-Ökonomien (bzw. chaord) ist Kooperation & Konkurrenz im Gleichgewicht
- Kooperation herrscht vor allem in Standarts, Strukturen, Regeln und dem Ziel.
- Konkurrenz dagegen ist wichtig im Ideen- & Lösungsweg-Wettstreit, der Anerkennung in der Gruppe sowie persönlicher Erfolge.
Beispiele
- SEMCO: Die Konkurrenz um die beste Programmierung ist gut, und dient dem Unternehmensziel. Falls der Programmierer allerdings nur an sich denkt und z.B. eigene Arbeiten nicht mit den anderen teilt (Nicht-Kooperation), wird er von der Projektgruppe aussortiert werden.
- Olympische Spiele: Es wird kooperiert in Struktur, Regeln und Gemeinschaft. Daneben gibt es eine absolute Konkurrenz in den Wettkämpfen
- Universitäten: Kooperation mit anderen Uni's und Wirtschaftsunternehmen aber Konkurrenz um die besten Ideen, wissenschaftlichen Arbeiten und Entwicklungen.
- OpenSource: Konkurrenz um die besten, anwenderorientierten Lösungswege und Ideen, Kooperation in gemeinsamen Standarts und dem Ziel der Weiterentwicklung und Verbesserung der Software. Siehe auch: Peer-Management bei freier Software.
Damit wird durch Chaordische Systeme das Naturgesetz des eingeschränkten Wettbewerbes eingehalten und lässt somit Fortschritt, Weiterentwicklung und Evolution zu.
Chaos oder Kontrolle?
- Vor allem in einer komplexen, sich ständig ändernden Welt ist Chaos oft eine bessere Strategie als straffe Organisation & Kontrolle.
- Beispiel Biene & Fliege als Biologie-Experiment:
- Wenn jeweils ein Dutzend Fliegen und Bienen in eine leere Flasche gesperrt werden, welche unverschlossen mit dem Boden in Richtung Fenster liegt, wer wird als Erstes der Falle entkommen?
- Die Bienen, welche für eine effiziente Kommunikation in einem straff organisierten Staat stehen? Oder die Fliegen, mit denen wildes Herumsausen verbunden wird?
- Die Bienen suchen mit Fleiß, Akribie und Disziplin jeden Millimeter des Flaschenbodens ab. Dieser ist dem Licht zugewandt, wo sie den Weg in die Freiheit vermuten. Sie sterben irgendwann an Erschöpfung.
- Die Fliegen dagegen schwirren aufgeregt hin und her und suchen, jede für sich, den Ausweg. Sie entkommen irgendwann, jede für sich, der Falle.
Quellen & Links
- Literatur: Chaordische Organisation, Dee Hock (Gründer von VISA-Card)
- Webseite (engl.) Chaordic-Commons initiiert vom VISA-Gruender Dee Hock