Bruttoinlandsprodukt

Aus Nuevalandia
Wechseln zu: Navigation, Suche

Das BIP als Wohlstandsindex

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stellt vereinfacht die Summe aller Einkommen eines Landes dar. Das Bruttosozialprodukt (BSP) bzw. neuerdings "Bruttonationaleinkommen" ist etwas ganz ähnliches. Wir verwenden hier den Begriff BIP bzw. "Volkseinkommen".

  • Das BIP ist die Kennzahl für das Wirtschaftswachstum. Steigt das BIP, wächst die Wirtschaft.
  • Das so berechnete Wirtschaftswachstum wird von der Politik als Erfolgskriterium und Wohlstandsindex benutzt.
  • Steigenden Wohlstand und Lebensqualität durch Steigerung des BIP herbeiführen zu wollen ist allerdings viel zu kurzsichtig:
    • Denn die Vergleiche des BIP sind letzten Endes nur Vergleiche zweier Geldsummen, durch die man manche Information erhält, niemals aber Einblick in "Nutzen" oder "Befriedigung".
    • Das BIP allein und für sich erlaubt keinerlei qualifizierte Aussagen bezüglich Wohlstand, Lebensqualität oder Gerechtigkeit für und zwischen den Menschen einer Volkswirtschaft!

Schwachstellen des BIP als Wohlstandsindex

Aufgrund von 4 Problematiken wird deutlich, dass die Entwicklung des BIP eines Landes nicht mit der Entwicklung des Wohlstandes gleichzusetzen ist. Immer öfter verläuft die Entwicklung inzwischen sogar entgegengesetzt (Joseph Beuys: "90% unserer Arbeit ist schädlich oder unnötig")!

Diese 4 Problematiken sind:

  • Verteilungsproblem
  • Bewertungsproblem
  • Notwendigkeitsproblem
  • Problem der Unvollständigkeit

Verteilungsproblem

Die Steigerung des BIP ist immer ein Durchschnittswert. Die Verteilung der Einkommen in der Bevölkerung ist dabei sehr unterschiedlich, denn:

  • Das BIP würde auch steigen, wenn 1 Person 10 Mrd. € zusätzlich bekommt, im Gegenzug aber 80 Millionen Menschen 100 € weniger verdienen.
  • Wenn die 1 Person vorher auch schon Milliardär war, bringen die zusätzlichen Einnahmen keinerlei Mehrwert an Lebensqualität (gewünschte Dinge können ohne oder mit den 10 Mrd. angeschafft werden.
  • Für den größten Teil der 80 Millionen, welche nun 100 € weniger Einkommen erhalten, bedeutet dies dagegen sehr wohl eine Reduzierung der Lebensqualität, da das Geld irgendwo anders eingespart werden muss (ausgenommen einer Minderheit an Vermögenden, welchen ähnlich dem Milliardär dies nicht wehtun würde).

Beispiel BIP der BRD 2005

  • Das Volkseinkommen in der BRD stieg zum Vorjahr um 26,2 Mrd. EUR, aber der größte Teil dabei (und die meisten betreffend), die Löhne und Gehälter, sind um 5,6 Mrd. EUR gesunken.
  • Auch die Selbständigen/Unternehmer bekamen nur eine marginale Ecke des Zuwachses ab.
  • Einen extrem überdurchschnittlichen Zuwachs hatten die Vermögenseinkommen (Einkommen aus Kapitalerträgen wie Zinsen, Dividenten oder Mieten+Pacht etc.), welche damit den Gesamtwert ins Plus zogen.
  • Diese Zuwachsraten betreffen damit ausschließlich die Eigner sehr großer Vermögen (Kapital, Grundbesitz etc.), also eine Minderheit. Die Mehrheit hat dagegen einen Einkommensverlust.
  • Dies wird besonders bei der Betrachtung der realen (inflationsbereinigten) Werte deutlich: Absolut gibt es zwar meist eine jährliche Lohnerhöhungen, aber seit den 90er Jahren hinken diese der Inflation hinterher und es kommt zum Reallohnrückgang.
  • Diese Ungleichheit der Verteilung der zusätzlich erwirtschafteten Leistungen nimmt jährlich zu. Verursacher ist hier zum Großteil die Wiederanlage von erwirtschafteten Zinsen und anderer Einkommen aus Vermögen anstatt der Konsumierung dieser Erträge. Beispiel dazu:

Einkommensentwicklung 1991-2006 der BRD

  • Das BIP ist in diesem Zeitraum nominal um 59% gewachsen
  • Die Nettolöhne und -gehälter stiegen lediglich um 26% (inflationsbereinigt sogar um 8% gefallen!).
  • Der Geldvermögensbestand und damit auch die Einkommen aus Geldvermögen stiegen dagegen um 138%. Erhaltene Zinsen wurden also nicht verkonsumiert, sondern wieder angelegt.
  • Die Bedienung der Zinsen (Zinsanteil) von Geldverleihern muss in der Realwirtschaft erwirtschaftet werden. Wenn dies nicht mehr mit Umsatzsteigerungen geht (siehe Unmöglichkeit eines ewigen Wirtschaftswachstum), müssen Kosten gesenkt werden. Dies trifft dann meist u.a. Löhne und Gehälter. Oder das Geld fliesst in spekulative Geschäfte, welche die Margen versprechen. Dadurch kommt es zu Spekulationsblasen die irgendwann platzen müssen (das Platzen der spekulativen Immobilienblase in den USA verursachte die Finanzkrise 2008).

Bewertungsproblem

Neutralität

  • Für den Wohlstand neutrale Sachverhalte werden positiv im BIP bewertet.
  • Es wird nichts neues produziert oder geleistet, sondern ehemals kostenloses (und damit bisher nicht im BIP erfasstes) wird bewertet und dem BIP zugerechnet.
  • In der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung verursacht jede Verlagerung von der öffentlichen in die privat-wirtschaftlich Sphäre eine Erhöhung des Volkseinkommens (BIP) ohne realen Mehrwert.

Dienstleistungen: Unsere westlichen Volkswirtschaften sind Dienstleistungsgesellschaften.

  • Dieser "tertiäre Sektor" trägt bereits mehr als 70% zum BIP bei.
  • Viele dieser Aufgaben werden in traditionellen Gesellschaften von der Großfamilie erbracht, während sie in der modernen Gesellschaft professionell geleistet + bezahlt werden und damit das Volkseinkommen (BIP) erhöhen.
  • Ein Beispiel: Anstatt der Oma oder Nachbarin passt die bezahlte Tagesmutti auf den Nachwuchs auf.

Privatisierung von Lebensgrundlagen:

  • In traditionellen Gesellschaften gibt es vor allem in der Landwirtschaft gemeinschaftliches Eigentum an Arbeits- u. Lebensgrundlagen (s.Gemeingüter). Die Nutzung wurde von der Gemeinde geregelt und war für die Gemeindemitglieder frei (kostenlos) zugänglich. Somit auch nicht relevant für das BIP.
  • Heutzutage ist meist der Staat der Träger öffentlicher Ressourcen wie z.B. Bildung, Wald, Seen, Kultur, Strassen...
  • Aufgrund der klammen Staatskassen werden diese Lebensgrundlagen immer mehr privatisiert. Nun muss für die Nutzung bezahlt werden (bzw. steigen die Preise meist dadurch). Durch die damit verbundene Bezahlung von ehemals kostenlosem (bzw. der lediglichen Unkosten-Beteiligung) steigt wieder das BIP ohne unbedingten Mehrwert für die Gesellschaft.
  • Beispiele hierfür: Beispiele privatisierter Lebensgrundlagen

Negativität

  • Für Wohlstand/Lebensqualität negative Sachverhalte (Katastrophen & Kriege) wirken sich positiv auf unser BIP aus.
  • Aber auch Produktionsweise, welche mehr Lebensqualität (Gesellschaft+Natur) zerstören anstatt vermehren, werden positiv im BIP verbucht. Mehr dazu: Externalisierung von Umweltkosten
  • Wenn die Steigerung des BIP durch eine Ausweitung der leistungslosen Wirtschaft erfolgt, bedeutet dies eine zunehmende Konzentration von Vermögen. Ein immer größerer Anteil der Bevölkerung muss diese "Umverteilung von unten nach oben" bezahlen. Somit ergibt sich eine schleichende Verarmung der Mehrheit. Siehe: Umverteilung
  • Wenn wir alle Wirtschaftstätigkeiten, welche für Natur oder Gesellschaft negativ sind, auch mit dem entsprechenden negativem Betrag ins BIP einrechnen würden, wäre voraussichtlich auch die Gesamtsumme inzwischen negativ!

Beispiele

Beispiel Auswirkung BIP Auswirkung Lebensqualität
Kinderbetreuung: Das Kind wird nicht mehr innerhalb der Großfamilie (Oma) betreut, wenn die Eltern nicht können, sondern von der Tagesmutti. Erhöhung, da zusätzliches Einkommen für die Tagesmutti generiert wird. neutral, evtl. muss mehr gearbeitet (Einkommen erzielt) werden oder anderswo gespart. Es wurde kein realer Wert geschaffen, sondern nur eine Einnahme und Ausgabe-Buchung, die es vorher noch nicht gab.
Wasser: Ein bisher von der Gemeinde kostenlos als Trinkwasser genutzter Fluß wird privatisiert. Die Bürger müssen nun ihr Trinkwasser kaufen.

Analog Waldnutzung: Nutzen des Waldes zum (kostenlosen) Feuerholz sammeln oder jagen. Nach Privatisierung muß Propangas gekauft werden bzw. Lebensmittel.

Erhöhung, da zusätzliches Einkommen für den Wasserverkäufer generiert wird. Höchstens neutral, evtl. muss mehr gearbeitet (Einkommen erzielt) werden oder anderswo gespart. Kein realer Wert geschaffen.
Grundbesitz: Bisher von der Gemeinde kostenlos zur Nutzung überlassenes Gemeindeland wird verkauft. Die Bürger müssen nun für die Benutzung Pacht bezahlen. Erhöhung, da zusätzliches Einkommen für den Pächter generiert wird. neutral, evtl. muss mehr gearbeitet (Einkommen erzielt) werden oder anderswo gespart.
Nationalparks: Bisher kostenlose Nationalparks werden vom Staat mit der Auflage zur Erhaltung des Nationalparks verkauft. Der Eintrittspreis deckt nicht nur die Kosten der nachhaltigen Bewirtschaftung, sondern liefert auch einen Gewinn für den Betreiber. Erhöhung, da zusätzliches Einkommen für den Betreiber generiert wird. neutral
Softwarepatente[1]= Patente auf Ideen: Ist weit mehr als Urheberrecht. Da Ideen immer sehr vage und schwammig sind können Lizenzgebühren fast willkürlich eingeklagt werden oder die Konkurrenz ferngehalten (Innovationsbremse). Erhöhung, da zusätzliches Einkommen durch Lizenzgebühren oder außergerichtliche Zahlungen, Anwälte etc. neutral
Steinkohle: Die kostengünstig von Deutschland aus Kolumbien importierte Steinkohle verursacht in Kolumbien nicht nur die Abholzung des Urwaldes sowie die Kontaminierung von Boden+Wasser, sondern auch tausende Folter- und Todesopfer in der Zivilbevölkerung. Siehe Das schmutzige Geschäft mit Kolumbiens Kohle Erhöhung durch Verkauf der Kohle negativ: Gefolterte und ermordete Zivilisten, Kontaminierung und Umweltzerstörung. Diese negativ-Aspekte sind im günstigen Kohle-Preis nicht berücksichtigt und es gibt auch keine Entschädigung.
Wasser II: Neu angesiedeltes Chemieunternehmen nutzt Fluß zur Entsorgung giftiger Abwässer und verkauft Pestizide. Erhöhung durch Verkauf der Düngemittel negativ: Dorfbewohner am Fluß verlieren Lebensgrundlage (Trinkwasser, Fische), Pestizide mindern Qualität der Lebensmittel, Lärm- und Lichbelastung. Diese negativ-Aspekte werden durch den Mehrertrag der Bauern durch die Pestizid-Nutzung nicht ausgeglichen.
Katastrophen, Unglücke & Kriege: Reinigung von Küstenstreifen nach Tankerunglück, Wiederaufbau einer Stadt nach Erdbeben, Zerstörung einer Stadt durch Bomben. Erhöhung, da zusätzliche Einkommen für reinigende Umweltfirma, Bauunternehmen der Stadt und Rüstungsindustrie (Bombenverkauf) Negativ: Erholungseffekt der Küste, Naturzerstörung, Obdachlose, Tote etc.

Notwendigkeitsproblem

Dank dem steigendem BIP gibt es immer mehr Dinge. Aber brauche ich das alles wirklich? Der "Markt" ist inzwischen kein Spiegel der Bedürfnisse mehr, sondern schafft die Bedürfnisse selbst. Aufgrund des Wachstumzwanges muss immer mehr verkauft werden, egol ob dies sinnvoll oder sogar schädlich ist.

Beispiele

  • Werbung: Inzwischen werden in Deutschland jährlich mehr als 20 Milliarden Euro für Werbung ausgegeben um weitere Produkte in den Markt zu drücken (Stand 2010).
  • Alkohol: Alkohol und andere Surrogate lösen nur Symptome aber keine Probleme. Das beste für die Wirtschaft: Der Kunde kommt wieder und kauft mehr. Durch Alkopop's wurden inzwischen auch die Jugendlichen als Markt erobert.
  • Geplante Obsoleszenz:[2] Da immer mehr verkauft werden muss sind langlebige Produkte oft kontraproduktiv:
    • Also lieber schlechtere Qualität, vor allem bei einem intransparenten Markt oder bei Billigprodukten wo sich nur wenige die Mühe machen zu reklamieren?
    • Es gibt Unternehmen, welche Ingenieure bezahlen um die Lebenszeit der hergestellten Produkte auf kurz nach der Garantiezeit zu beschränken.
    • Die bewusste Verkürzung der Lebensdauer eines Industrieerzeugnisses, um die Wirtschaft in Schwung zu halten, nennt man "geplante Obsoleszenz". Bereits 1928 schrieb eine Werbezeitschrift unumwunden: "Ein Artikel, der sich nicht abnutzt, ist eine Tragödie fürs Geschäft".
    • Glühbirnen, Nylonstrümpfe, Drucker, Mobiltelefone - bei den meisten dieser Produkte ist das Abnutzungsdatum bereits geplant. Die Verbraucher sollen veranlasst werden, lieber einen neuen Artikel zu kaufen, als den defekten reparieren zu lassen.
  • Stromsparlampen: Der Nutzen ist höchst fraglich und den Bürgern wird durch Gesetz keine Wahl gelassen. Video-Beitrag dazu von Spiegel-TV v. 23.8.09: Wahrheit Energiesparlampen
  • Gesundheitssystem:
    • Sind alle Pharmaprodukte und Behandlungen wirklich notwendig oder wird hier auch durch das Schüren von Angst verkauft?
    • Sämtliche Spielarten des Unglücklichseins werden als individuelle medizinische Probleme behandelt und "kommerzialisiert" (steigern somit das BIP), aber nicht gelöst:
      • Es wird nicht gesehen, dass Bürger un- oder unterbeschäftigt sind. Als Problem wird die Depression gesehen. Dagegen gibt es ein Pille.
      • Es wird nicht gesehen, dass es zu viel Stress gibt, zu schnelle soziale Umwälzungen, zu viel Umweltverschmutzung. Als Problem wird gesehen, dass wir nicht mehr konform sind. Dagegen gibt es eine Pille.
      • Es wird nicht gesehen, dass unsere Chefs zu viel von uns verlangen. Als Problem wird gesehen, dass wir zu viel Schlaf benötigen oder mit den steigenden Anforderungen des Arbeitsmarktes nicht mehr ganz mithalten können. Es gibt Pillen, die unser Schlafbedürfnis reduzieren, Pillen die unser Gedächtnis aufpeppen und Pillen, die uns helfen schneller zu denken.
  • Profitabelste Industriezweige: Die profitabelsten (und damit sehr positiv im BIP) Industrien sind: Rüstung, Erdöl+Minen, Prostitution, Pornografie und Drogenhandel.

Problem der Unvollständigkeit

Mit dem BIP werden nur materielle Faktoren gemessen. Die meisten (und ab einem bestimmten, erreichten materiellen Wohlstand auch wichtigeren) Faktoren werden gar nicht berücksichtigt. Dies sind z.B.:

  • Gesundheit
  • Lebenserwartung
  • Stress, Erholungsmöglichkeiten
  • Verbrechen & Gewalt
  • Auch viele unbezahlte Stunden in Freiwilligenarbeit, häuslicher Pflege usw. gehen nicht ins BIP ein.

Ausblick

Das Wirtschaftswachstum hat zweifellos dazu beigetragen zahlreiche individuelle Bedürfnisse zu befriedigen (vorausgesetzt man hat das Geld dafür). Inzwischen stellt sich allerdings eine einseitige Ausrichtung auf steigendes BIP (Wirtschaftswachstum) als kurzsichtig und kontraproduktiv heraus. Inzwischen bedeutet die Steigerung des BIP sogar Wohlstandsverlust anstatt Erhöhung der Lebensqualität! Wir haben den "Bock zum Gärtner" gemacht:

  • Die Politik setzt alles auf eine exponentielle Erhöhung des BIP (=Wirtschaftswachstum).
  • Dieses "Überwachstum" kann in den hoch entwickelten Ländern nicht mehr mit gesunden Mitteln erreicht werden, sondern nur noch zu Lasten von Umwelt und Gesellschaft.
  • Damit erreicht man zwar eine Erhöhung des BIP, allerdings unter Inkaufnahme einer sinkenden Lebensqualität. Dies z.B. in Bereichen wie:
    • gesellschaftlicher Zusammenhalt,
    • "Zufriedenheitsindikatoren"
    • inzwischen sinkt sogar der materielle Wohlstand der Bevölkerungsmehrheit der Industrieländer.

Warum hält die Politik trotzdem weiterhin am Konzept der Wachstumsgläubigkeit fest? Welche Problematiken ergäben sich, wenn wir weniger wachsen würden? Wie sähe ein Umschwenken auf ein vernünftiges, degressives Wachstum aus? Eine Antwort auf diese Fragen gibt es hier: Wirtschaftswachstum

Korrektur BIP

Aus o.g. Erläuterungen wird deutlich, dass für einen echten Wohlstandsindex 2 Änderungen am BIP notwendig sind:

  • Korrektur des BIP: für die Lebensqualität negative Wirtschaftsaktivitäten müssen auch negativ (und nicht wie bisher positiv) eingerechnet werden. Außerdem muss die Verteilung des Wachstums innerhalb der Bevölkerung berücksichtigt werden.
    • Da vieles subjektiv oder schlecht kalkulierbar ist, ist es nicht einfach aus dem BIP negative Effekte für die Lebensqualität herauszurechnen.
    • Nach Schätzungen müssten aber inzwischen über 50% des BIP-Wachstums als negativ gewertet werden.
  • Erweiterung des BIP: Um zusätzliche, die Lebensqualität betreffende, qualitative Größen einzubeziehen. Z.B.:
    • langfristiger Zustand der Sozialsysteme
    • sozialer Frieden
    • Gesundheit und Lebenserwartung
    • Luftqualität, Erholungsgebiete, natürlichen Ressourcen etc.

Alternative Wohlstands-Indizes

Es gibt inzwischen verschiedene alternative Wohlstands-Indizes, welche diese o.g. Anforderungen berücksichtigen und damit die Entwicklung der Lebensqualität tatsächlicher darstellen. Z.B.:

  • Genuine Progress Indicator (GPI) (oder echter Fortschrittsindikator): ein Maß für die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft, das die Nachhaltigkeit von Wachstum abbilden soll:
    • Eine wirtschaftliche Aktivität unter Inkaufnahme von gravierenden Umweltschäden, deren Behebung zukünftige Generationen deutlich mehr kosten wird, als die heutige Bevölkerung von der Aktivität profitiert, wird im BIP als positiv verbucht, im GPI negativ.
    • Entsprechend liegt das Wachstum des GPI bei Null, wenn das gemessene Wachstum des BIP durch offene oder verdeckte Kosten wie Umweltschäden, Kriminalität oder abnehmende Gesundheit erzeugt worden ist.
    • Mindestens elf Länder (u.a. Deutschland, England, Österreich und Schweden) haben ihren Wohlstand dem GPI gemäß neu berechnet. Die Daten für die Europäischen Länder und die USA zeigen einen kontinuierlichen Wohlstandsrückgang für die letzten 30 Jahre.
  • Gini-Index: ein Maß dafür, wie gleich bzw. ungleich die Einkommens- und Vermögensverteilung in einem Land ist.
  • Human Development Index (HDI): gebildet aus dem BNE per capita gemessen in Kaufkraftparität unter Einbeziehung von Lebenserwartung und Bildungsgrad
  • Happy Planet Index (HPI): ein Maß für die ökologische Effizienz der Erzeugung von Zufriedenheit unter Einbeziehung von Lebenszufriedenheit, Lebenserwartung und ökologischem Fußabdruck
  • Bruttonationalglück: berücksichtigt die 4 Säulen: a) Förderung einer sozial gerechten Gesellschafts- und Wirtschaftsentwicklung, b) Bewahrung und Förderung kultureller Werte, c) Schutz der Umwelt d) gute Regierungs- und Verwaltungsstrukturen.
  • Fortschrittszentrum mit seinem Fortschrittsindex: setzt sich zusammen aus Nationaleinkommen, Lebenserwartung, Schüler- u. Studierendenquote sowie dem ökologischen Fußabdruck im Zeitraum 1998-2008. Aktuellen Studien und Ländervergleich finden sich auf der Webseite. Größter Verlierer ist die USA.

Hans Diefenbacher, Wirtschaftswissenschaftler aus Heidelberg, beschäftigt sich seit mitte der 80er Jahre mit einem angemessenerem Messen der Wirtschaftsleistung: Wohlstandsindikator statt BIP