Kommunen-Bankrott

Aus Nuevalandia
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Zu Staatsverschuldung bzw. Altland-Geldsystem:

Eine Beschreibung der Situation in seiner Stadt von Helmut Reinhardt

[..] Mittlerweile rauben über eine Milliarde Euro Schulden dem Kämmerer dieser Stadt den Schlaf und den Bürgern die Schwimmbäder, Kultureinrichtungen und schlaglochfreie Straßen. Zinszahlungen an die Kredit gebenden Banken in Höhe von mittlerweile ca. 140.000 € täglich (!) lassen hier niemanden über unser Geldsystem nachdenken. Das System wird nicht in Frage gestellt, sondern auf die wenigen Gemeinden in Deutschland verwiesen, die keine Schulden und angeblich gut gewirtschaftet haben.

[..] Immer mehr Ladenlokale, in denen Jahrzehnte lang gute Geschäfte gemacht wurden, stehen leer. Alle Schwimmbäder werden 2010 geschlossen, obwohl manche von ihnen erst in den letzten Jahren aufwendig renoviert wurden. Und so ´ne Citysauna für ein paar Millionen braucht man nicht wirklich, weshalb diese jetzt auch geschlossen wird. Nun gut, da haben wir wohl über unsere Verhältnisse gelebt, als kaputte Dinge erneuert wurden. Wir waren früher doof.

Aber unsere westfälischen Provinzpolitiker haben dazu gelernt und sind heute schlau. Wenn alle Schwimmbäder und eine -nur wenige Jahre alte- Luxussaunapremiumlandschaft geschlossen werden, brauchen wir natürlich was neues Hübsches. Schließlich müssen wir zu anderen Städten konkurrenzfähig bleiben, um den Einwohnerschwund (von 230.000 in den 80igern auf jetzt 197.000 "Bewohner") zu bremsen. Und so baut man, - allem Geldmangel zum Trotz - mit Hilfe von Investoren gerade eines der größten Spaß-, Sport- und Erholungsbäder Deutschlands hier direkt in unserem gemütlichen Provinzstädtchen. Das ist sinnvoll, denn die großen Spaßbäder in den Nachbarstädten sind mittlerweile alle schon mehr oder weniger pleite und werden es mit Sicherheit sein, wenn unser Spaßbad Ende April eröffnet und die Gäste aus den unattraktiveren Bädern der Nachbarstädte abzieht. Irgendwie erinnert das Ganze an Krieg: Erst einmal alles kaputt machen, um dann wieder neu aufbauen zu können. Nachhaltigkeit sieht anders aus [..]

Nicht nur, dass der gesamte Bäder- und Kulturbereich deftige Kürzungen bei den städtischen Zuschüssen verkraften muss, auch die heimische Fauna leidet. Wir haben hier nämlich auch ein Tierheim. Es ist veraltet, viel zu klein und platzt aus allen Nähten, weshalb der Rat dieser Stadt beschlossen hat, ein neues zu bauen, - auch weil die Bürger mittlerweile 525.000 Euro für einen Neubau gespendet haben. Bereits fest zugesagte Mittel in Höhe von 1,5 Millionen Euro aus dem „Mit-Gewalt-Wiederbelebungs-Konjunktur-Paket II.“ der Bundesregierung wurden jedoch plötzlich vom Regierungspräsidenten wieder einkassiert, da natürlich auch Hunde und Katzen ihren systemrelevanten Beitrag zur Bankenrettung beisteuern müssen. Man ist nicht mehr bereit, Hunden, Katzen und Meerschweinchen ein Luxusleben zu finanzieren. Ich warte auf den Vorschlag, die Tiere einfach nach China in diverse Restaurants zu exportieren, um mit dem Verkauf dieser Delikatessen (Nichts gegen chinesische Esskultur: Andere Länder - andere Sitten.) das Geld für das dringend notwendige neue Tierheim aufzutreiben.

Oder vielleicht doch lieber selber essen? Der Andrang in der hiesigen Suppenküche wird schließlich immer größer. Kamen 1996 noch 25 Gäste täglich, sind es heute bis zu 400 Menschen, die sich viermal in der Woche an einer warmen Mahlzeit erfreuen dürfen. Interessant hierbei wieder einmal, dass solche Einrichtungen nur durch private Spenden ermöglicht werden und trotz Milliarden für unsere systemrelevanten Banken, kein Geld für solche Einrichtungen vorhanden ist. Und obwohl das alles so passiert, findet eine Hinterfragung des Systems nicht statt. Bei kaum einem Bürger (Hauptsache, Schalke gewinnt und Deutschland wird Weltmeister!) und schon gar nicht bei unseren Provinzpolitikern. Unverständliche, überraschte, ungläubige Blicke begleiten das Nicht-Verstehen-Wollen der Bürger und Lokalpolitiker, die immer noch glauben, dass die derzeitige System-Schuldenkrise repariert werden könne oder gar schon überwunden ist, obwohl sie noch gar nicht richtig angefangen hat. [..]