Beispiel Subito

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Was ist Subito?

  • "Subito" ist der öffentlich geförderte Dokumentenlieferdienst wissenschaftlicher Bibliotheken.

Nutzenminimierung durch Urheberrechtsnovelle

Die rechtliche Stellung, die Subito in der jüngsten Urheberrechtsnovelle gegenüber der Informationswirtschaft zugewiesen wird, liefert ein Beispiel dafür dass das deutsche Urheberrecht immer mehr für eine einseitige private Aneignung von Lebensgrundlagen missbraucht wird (s.auch "überzogenes Urheberrecht" unter monopolisiertes Wissen):

Vorrang hat die marktwirtschaftliche Versorgung der wissenschaftlichen Endnutzer durch die Informationswirtschaft und nicht die Versorgung durch öffentliche (virtualisierte) Bibliotheken und elektronische Netzwerke:

Wissenschaft offline

Die Regelungen zu den Bibliotheken folgen dem Gedanken des Vorrangs und des Konkurrenzschutzes privater Verleger:

  • Die digitale Nutzung in Bibliotheken wird an die analogen Bestände gebunden. Das heißt, es darf jeweils nur so viele digital abrufbare Kopien geben, wie Printprodukte angeschafft wurden.
  • Zudem wird der elektronische Kopienversand auf geradezu groteske Weise beschränkt:
    • Das Urheberrechtsgesetz räumt zwar grundsätzlich eine elektronische Belieferung ein, knüpft diese aber an die Bedingung, dass nur dann ein elektronisches PDF-Dokument versendet werden darf, wenn der Verlag kein eigenes, offensichtliches elektronisches Angebot zu "angemessenen" Preisen bereit hält.
    • Da dies vielfach der Fall ist, sind (im vielbeschworenen digitalen Zeitalter) nur noch Post- und Faxversand erlaubt!
  • Die Lizenzvereinbarungen, die Subito auf dieser Grundlage mit den Verlagen eingegangen ist, sind skandalös (s.auch Pressemitteilung 2008):
    • Die Verlage verlangen für über Subito gelieferte elektronische Dokumente gesonderte Lizenzgebühren. Die Preise steigen jährlich.
    • Restriktive Regelungen sehen vor, dass jede Lieferbibliothek seit Juli 2009 innerhalb von 12 Monaten höchstens 10 Kopien aus einer einzelnen Zeitschrift versenden darf.
    • Weitere Lieferungen sind möglich, wenn man bereit ist, eine höhere Lizenzgebühr zu zahlen. (30 EUR pro Lieferung)
    • Außerdem wird Subito verpflichtet, allumfassende Nutzungsstatistiken, ja sogar den Namen der Nutzer an die Verlage zu liefern, damit diese zur Optimierung ihrer Verlagsstrategien verwendet werden können. Von solch asymmetrischer Transparenz kann selbst Google nur träumen.
    • Digitale Kopien werden zudem mit einer DRM-Sperre versehen: die Dokumentdatei kann nur wenige Male aufgerufen werden, bevor die Sperre jede weitere Nutzung blockiert.
  • Die Preise, die Wissenschaftler für die Beschaffung von wichtigen Dokumenten zahlen müssen, wenn sie auf eine schnelle und verlässliche elektronische Lieferung durch Subito setzen, verdoppeln sich, ohne dass sie einen Mehrwert erhalten.
  • Die Arbeitsbelastung durch den Dokumentlieferdienst bleibt den Bibliotheken. Das zusätzliche Geld wandert ausschließlich zu den Verlagen. Die Autoren sehen davon nichts!
  • Zugrunde liegt hier eine einseitig ökonomische Definition öffentlicher Güter, wonach diese nur insoweit vorzuhalten sind, sofern nicht private Anbieter (zu "angemessenen Preisen") dies übernehmen (=private Aneignung von Lebensgrundlagen).
  • Wo der Ausschluss technisch realisierbar und die dadurch erzeugte künstliche Verknappung nicht zum Zusammenbruch der Nachfrage führen, sollen private Anbieter den Vorrang haben.
  • Öffentliche Güter erfüllen danach die Funktion einer Kompensation für das Marktversagen.
  • Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich im Aktionsbündnis "Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" zusammengeschlossen haben und gegen solche Regelungen protestiert, müssen sich vom rechtspolitischen Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Günter Krings, "Freibier-Mentalität" vorwerfen lassen, der der Gesetzgeber "Einhalt gebieten" müsse.